Steigende Preise
700 Teilnehmer bei Ärzteprotest vor Thüringer Landtag
Die Krisenhilfe der Bundesregierung sei zu sehr auf Kliniken ausgelegt, kritisieren Thüringens Vertragsärzte und Apotheker.
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Zu der Kundgebung vor der Sitzung des Thüringer Landtags hatten Berufsverbände von Vertragsärzten, Zahnärzten und Apothekern aufgerufen.
© Martin Schutt/dpa
Erfurt. Niedergelassene Ärzte, Zahnärzte und Apotheker haben am Mittwoch in Erfurt gegen Sparrunden im ambulanten Gesundheitswesen demonstriert. An der Kundgebung vor dem Thüringer Landtag beteiligten sich nach Polizeiangaben etwa 700 Menschen. Sie beklagten eine aus ihrer Sicht zu sehr auf Krankenhäuser und Pflegeheime ausgerichtete Krisenhilfe der Bundesregierung in der Inflation. Während Kliniken Unterstützungen in Milliardenhöhe zugesagt worden sei, müssten Praxen niedergelassener Ärzte Einsparungen hinnehmen, kritisierte nicht nur die Jenaer Psychiaterin Sabine Köhler vom gebietsärztlichen Bündnis Thüringen, das den Protest organisiert hatte. Es seien gerade die Vertragsärzte und Psychotherapeuten, Zahnärzte und Apotheker gewesen, die gemeinsam mit ihrem Personal in den vergangenen drei Jahren die COVID-Pandemie gestemmt hätten. „Sie sind das Bollwerk in den Corona-Wellen, welches den Kollaps der Kliniken und Spezialversorger verhindert hat und noch immer verhindert.“
Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) äußerte Verständnis für die Protestierenden. Deren Leistungen würden zu oft übersehen. Bei einer Erkrankung gingen die Patienten zurecht davon aus, „dass das Versorgungssystem einfach funktioniert“, sagte sie laut Redemanuskript. Hinter diesem System stünden Menschen, die jeden Tag „funktionieren“ müssten. „Mit diesem Druck umzugehen, während die Rahmenbedingungen gerade immer schwieriger werden, ist sehr schwer.“
Teilnehmer beklagen mangelnde Wertschätzung
Werner verwies darauf, dass sich Thüringen im Bundesratsverfahren zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz gegen den von den Praxen kritisierten Wegfall der Neupatientenregelung mit damit einhergehenden Honorareinbußen gestemmt habe. Der Bund habe dieser Forderung jedoch nicht entsprochen. Thüringen habe sich auch in der Ministerpräsidentenkonferenz dafür stark gemacht, dass es in der gegenwärtigen Krise nicht nur Rettungsfonds für Unternehmen gebe, sondern auch für Arztpraxen. Deren Betriebskosten explodierten in der Inflation genauso wie die großer Firmen.
Dem Protestaufruf hatten sich die Berufsverbände von niedergelassenen Zahnärzten und Apothekern angeschlossen. Sie beklagten eine mangelnde Wertschätzung ihrer Arbeit. So seien während der Pandemie die medizinischen Fachangestellten in den Praxen von der Corona-Prämie für das Pflegepersonal ausgeschlossen worden. In Thüringen arbeiten etwa 4200 Mediziner und Psychotherapeuten in der ambulanten ärztlichen Versorgung. Es gibt rund 1700 Zahnarztpraxen und rund 500 Apotheken, ihre Zahl ist seit einigen Jahren rückläufig. (zei)