Finanzprobleme wegen Kostensteigerungen

Diakonie Passau meldet Insolvenz an

Schon seit langem warnen Wohlfahrtsverbände: Gestiegene Kosten und Personalmangel bedrohen die soziale Arbeit in Deutschland. Nun geht ein Träger in die Insolvenz. Folgen weitere?

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Passau/Nürnberg. Das Diakonische Werk Passau hat ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eingeleitet. Die Betreuungs- und Beratungsangebote werden fortgeführt, teilte Sabine Aschenbrenner vom geschäftsführenden Vorstand mit. Die Gründe für die finanziellen Probleme sind demnach erhebliche Kostensteigerungen, unter anderem infolge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs.

Das Amtsgericht Passau habe dem Insolvenzantrag in Eigenverwaltung bereits stattgegeben, hieß es weiter. Ein erster Sanierungsplan liege vor, der nun zügig umgesetzt werden soll. Eine externe Beratungsfirma unterstütze dabei den Sozialträger. Die Diakonie Passau unterhält unter anderem ambulante Pflegedienste, Wohngemeinschaften, einen sozialpsychiatrischen Dienst sowie verschiedene Beratungsstellen zum Beispiel für Flüchtlinge, Schuldner oder Familien.

Soziale Träger landesweit unter Druck

Man habe schon seit längerem damit begonnen, Strukturen zu verändern, teilte die geschäftsführende Vorständin Sabine Aschenbrenner mit. „Wir haben aber jetzt einen Punkt erreicht, an dem unsere zunehmend schwieriger werdende finanzielle und organisatorische Lage ein noch weiter greifendes Handeln erforderlich macht.“

Das Problem der gestiegenen Kosten und des Personalmangels beschäftigt landauf, landab die sozialen Träger. „Das sind Dinge, die flächendeckend passieren“, sagte der Sprecher der Diakonie Bayern, Daniel Wagner, am Donnerstag in Nürnberg. Es sei in vielen Bereichen „fünf nach zwölf“.

„Am Ende droht die Insolvenz“

Bereits im September hatte die bayerische Diakonie-Präsidentin Sabine Weingärtner als Vorsitzende der Freien Wohlfahrtspflege Bayern gewarnt: massiver Personalmangel führe zur Einschränkung von Leistungen und Schließungen von Stationen oder ganzer Einrichtungen. „Am Ende droht die Insolvenz.“ Die hohen Inflationsraten belasteten die sozialen Träger. „Die Anbieter aller sozialen Dienste – und damit auch die Politik – stehen vor den größten Herausforderungen ihrer Geschichte.“

Durch die Schließung von Teilbereichen etwa in der Altenpflege fehlen den Einrichtungen Einnahmen, da sie Plätze nicht nutzen können. Zudem können vor allem einige Beratungsangebote nicht kostendeckend betrieben werden, wie etwa Schuldnerberatung.

Versorgung der Patienten sei trotzdem weiterhin sichergestellt

Man stehe mit allen Trägern in Kontakt und versuche zu unterstützen und zu begleiten, sagte Wagner. Insolvenz wie im Fall Passau klinge zwar im ersten Augenblick dramatisch, jedoch sei es ein Instrument, um sich zu sortieren und neu aufzustellen. Man begreife das Verfahren auch als Chance, um gestärkt daraus hervorzugehen. Die Versorgung der Menschen im Bereich der Diakonie Passau seien sichergestellt, auch die Arbeitsplätze seien sicher.

Die Diakonie Passau mit etwa 75 Mitarbeitenden unterhält unter anderem ambulante Pflegedienste, Wohngemeinschaften, einen sozialpsychiatrischen Dienst sowie verschiedene Beratungsstellen zum Beispiel für Flüchtlinge, Schuldner oder Familien. Der vorläufige Sachwalter Marc Zattler sagte laut Mitteilung: „Das Diakonische Werk Passau nutzt mit der Eigenverwaltung ein hochwirksames Sanierungsverfahren, das die Zukunft der diakonischen Dienste und Leistungen und somit auch die Arbeitsplätze weiter sichern soll.“

Zur Diakonie im Freistaat gehören 1.300 Mitgliedsorganisationen, davon sind etwa 700 Kindertageseinrichtungen. Dazu kommen 600 rechtlich eigenständige Träger von kleinen lokalen Diakonieverein bis hin zu großen Playern wie Diakoneo Neuendettelsau oder der Rummelsberger Diakonie. Unter dem Dach der Diakonie in Bayern arbeiten knapp 100.000 Menschen in 3.000 Einrichtungen. In der Diakonie zusammengefasst ist die soziale Arbeit der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern. Laut deren Haushalt hat die Kirche im Vorjahr 28,4 Millionen Euro für „Diakonisches Handeln“ ausgegeben. (dpa/lby)

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Insgesamt lässt sich auf jeden Fall sagen, dass die Kosten an vielen Stellen schneller gestiegen sind als der Orientierungswert.

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