Aktuelles Urteil

Gericht: Ärztekammerbeitrag darf sich sehr wohl am Einkommen orientieren

Das Verwaltungsgericht Göttingen hat nun klargestellt, dass es rechtens ist, wenn Ärztekammern ihren Beitragssatz am Einkommen der Mitglieder bemessen. Auch seien die Strukturen der Kammer nicht zu üppig – das hatte der im konkreten Fall klagende Medizinprofessor kritisiert.

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Göttingen. Die Beitragsordnung der Ärztekammer Niedersachsen ist nicht zu beanstanden. Das hat das Verwaltungsgericht Göttingen entschieden. Das Gericht wies damit die Klage eines Professors der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) als unbegründet ab.

Der Medizinprofessor, der auch Direktor einer Abteilung ist, fand die Kammerbeiträge zu hoch, weil er kaum Nutzen von der Ärztekammer habe. Er benötige deren Leistungen im Wesentlichen nur für die vorgeschriebenen Fortbildungen, die er für seine Bezeichnung als Facharzt nachweisen müsse. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts sind die festgesetzten Beiträge jedoch rechtmäßig.

In seiner Klage beanstandete der Medizinprofessor die Beitragsbescheide der Ärztekammer für die Jahre 2011 bis 2015, die er im Herbst 2019 erhalten hatte. Grundlage für die Beitragsberechnungen waren die Einkünfte, die der Professor jeweils im vorvergangenen Jahr aufgrund selbstständiger ärztlicher Tätigkeit erzielt hatte. Entsprechend dieser Einkünfte wurde er in eine bestimmte Beitragsgruppe eingeordnet, wobei ihm aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten Fachgruppe ein Abschlag gewährt wurde. Nach der Beitragsordnung erhalten Kammermitglieder, die nicht praktisch mit der Heilbehandlung und Bekämpfung von Krankheiten befasst sind und nicht an der ambulanten Patientenversorgung teilnehmen, einen Nachlass von zehn beziehungsweise fünf Prozent. Da beides auf den Professor zutraf, bekam er einen Rabatt von insgesamt 15 Prozent.

Kläger senkte eigenmächtig den Kammerbeitrag

Der Kläger fand die Beiträge indes immer noch zu hoch und entrichtete jeweils nur einen Teilbetrag. So zahlte er beispielsweise für 2015 statt des festgesetzten Beitrags von rund 750 Euro nur 280 Euro. In seiner Klage machte er geltend, dass der Abschlag für nicht-klinisch tätige Mediziner mindestens 50 Prozent betragen müsse, um den geringeren Nutzen, den seine Berufsgruppe von der Ärztekammer habe, angemessen abzubilden. Der Beitragssatz dürfe sich auch nicht nach dem Einkommen richten, weil jüngere Ärzte deutlich mehr von den Leistungen der Ärztekammer profitierten als ältere. Außerdem beanstandete der Professor, dass die Ärztekammer eine zu üppige Struktur habe und zu viele freiwillige Aufgaben übernehme, für die sie nicht zuständig sei.

Die Ärztekammer verwies darauf, dass sich das Beitragssystem an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Mitglieder orientiere. Eine individuelle nutzenabhängige Beitragsbemessung sei angesichts der in Niedersachsen tätigen 41.000 Ärztinnen und Ärzte nicht umsetzbar. Die Beiträge seien auch nicht willkürlich zu hoch, da sie zur Deckung des konkreten Finanzbedarfs für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben dienten. Die Kritik an der Struktur wies die Ärztekammer zurück. Die Bildung von Bezirksstellen sei in einem Flächenland geboten, um eine räumliche Nähe zu den Ausbildungsstellen, Berufsschulen und Prüfungsausschüssen für die Medizinischen Fachgesellschaften herzustellen.

Gericht unterstreicht Aufgabenspektrum der Kammer

In seinem Urteil skizzierte das Verwaltungsgericht das Aufgabenspektrum der ärztlichen Standesvertretung: Die Ärztekammer habe im Einklang mit den Interessen der Allgemeinheit die gemeinsamen beruflichen Belange der Gesamtheit der Kammermitglieder zu wahren, die Erfüllung ihrer Berufspflichten zu überwachen, sie in Fragen der Berufsausübung zu beraten, die berufliche Fortbildung zu regeln, Fortbildungsveranstaltungen zu organisieren, zu zertifizieren, anzuerkennen und die Teilnahme daran zu bescheinigen, die Weiterbildung zu regeln, Zusatzqualifikationen zu bescheinigen, Schlichtungsstellen einzurichten sowie Fürsorgeeinrichtungen für die Kammermitglieder und deren Familienangehörige zu schaffen. Dass die niedersächsische Landesärztekammer freiwillig Aufgaben ausführe, die nicht von ihrem gesetzlichen Auftrag erfasst seien, sei nicht ersichtlich.

Auch die Regelungen zur einkommensabhängigen Beitragsbemessung seien nicht zu beanstanden, befand das Gericht. (pid)

Verwaltungsgericht Göttingen, Aktenzeichen 1 A 291/19

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