Luftrezepte und Strohmann

Sachsens Kassen prüften 91 Verdachtsfälle von Abrechnungsbetrug

Einen Verdacht auf Falschabrechnung haben Sachsens Kassen 2020 in 91 Fällen überprüft. Elfmal waren Ärzte beteiligt. Der Gesamtschaden beläuft sich auf rund vier Millionen Euro.

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Elf der geprüften Fälle auf Abrechnungsbetrug entfielen auf Ärzte und Zahnärzte.

Elf der geprüften Fälle auf Abrechnungsbetrug entfielen auf Ärzte und Zahnärzte.

© Eisenhans / stock.adobe.com

Dresden. Die gesetzlichen Krankenkassen in Sachsen haben im vergangenen Jahr Abrechnungsbetrug im Umfang von rund vier Millionen Euro aufgedeckt.

Dafür seien 91 Fälle durch eine Arbeitsgruppe geprüft worden, teilten die Kassen in Dresden mit. 46 Fälle seien auf Heil- und Hilfsmittelerbringer entfallen, 32 Fälle auf Pflegedienste und elf Fälle auf Ärzte und Zahnärzte. Bei Apotheken und Krankenhäusern habe die Gruppe in jeweils einem Fall ermittelt.

Luftrezepte verschrieben

Einen Schaden von mehr als 2,5 Millionen Euro habe etwa ein Orthopäde zusammen mit Physiotherapeuten verursacht. Der Mediziner habe Luftrezepte verschrieben: Die Therapeuten hätten die Leistungen bei den Kassen abgerechnet, ohne sie erbracht zu haben.

In einem anderen Fall habe ein Allgemeinmediziner „eine Handvoll Impfstoff“ eingekauft, den Kassen allerdings mehrtausendfach das Verimpfen in Rechnung gestellt. Die Schadenshöhe liege hier bei mehr als 55.000 Euro.

Als weiteres Beispiel nannten die Kassen einen Physiotherapeuten, der ohne Kassenzulassung seine Arbeit über einen anderen Therapeuten als Strohmann abgerechnet habe. Hier sei ein Schaden von 17.000 Euro entstanden.

Pauschalbeträge abgerechnet

In der Pflegebranche soll ein professioneller Dienstleister für Betreuungsleistungen von Alzheimerpatienten betrogen haben. Dieser habe hohe Pauschalbeträge abgerechnet, anstatt wie vorgesehen transparent den zeitlichen Aufwand mit nachzuweisen, heißt es. Hier beträgt der Schaden rund 110.000 Euro.

Seit 2019 verfolgen die Krankenkassen in Sachsen gemeinsam Abrechnungsbetrug. „Durch den Wissenstransfer ergibt sich oft erst ein Bild vom ganzen Ausmaß des Geschehens“, sagt Silke Heinke, Leiterin der Landesvertretung Sachsen des Verbandes der Ersatzkassen. „Hinter manchem Einzelfall kann ein methodisches Vorgehen stecken.“

Es falle den Kassen zunehmend leichter, „Fehlverhaltensmuster bereits im Vorfeld zu erkennen und Manipulationen bei der Leistungserbringung und Abrechnung wirkungsvoll“ zu begegnen. „Die intensivierte Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden trägt dazu bei, die Fälle schneller zu erkennen“, so Heinke. „Diese trägt nun Früchte und gilt es weiter auszubauen. (sve)

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