150 Kaninchen sind zu viel

Die Gesundheitsgefahr, die von den Rammlern und Zippen ausgeht, begründet laut dem Verwaltungsgericht Karlsruhe eine Zwangsräumung.

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Kaninchen: Eines geht ja noch - aber 150?

Kaninchen: Eines geht ja noch - aber 150?

© Stefan Sauer / dpa

KARLSRUHE (mwo). Ist eine Wohnung wegen 150 freilaufender Kaninchen total verdreckt und verkotet, kann sie zwangsgeräumt werden.

Bei einer bestehenden Gesundheitsgefahr muss der Wohnungsinhaber dann auch für die Kosten der Entrümpelung und Desinfektion aufkommen, entschied das Verwaltungsgericht Karlsruhe in einem Urteil.

Damit scheiterte ein Mann aus Birkenfeld im Enzkreis, dessen Wohnung zwangsgeräumt wurde. Er wollte die vom Landratsamt an eine private Firma gezahlten Kosten für die "Reinigung und Desinfektion" seiner Bleibe in Höhe von fast 4300 Euro nicht übernehmen.

Kläger verweigerte Hygienebegehung der Wohnung

Eigentlich sollte der Mann am 13. Juni 2008 seine Wohnung räumen. Doch Polizei und Gesundheitsamt hatten schon Wochen vorher Hinweise auf eine "völlig verwahrloste" Wohnung erhalten.

Polizeibeamte hatten bei einem Blick durch ein Wohnungsfenster und durch einen Türspalt beobachtet, dass der Boden der Wohnung mit Kot und Urin übersät war. Dazwischen hoppelten bis zu zwanzig freilaufende Kaninchen.

Auch einen süßlichen, beißenden und "ekelerregenden" Geruch stellten die Beamten fest. Überall seien zudem Essensreste und Fliegen vorhanden gewesen. Eine "Hygienebegehung" der Wohnung hatte der Mann zuvor verweigert.

Das Landratsamt veranlasste schließlich eine sofortige Zwangsräumung und wies den Kläger in einer gemeindeeigenen Obdachlosenunterkunft ein. Die total verdreckte und verkotete Wohnung sei eine unmittelbare Gesundheitsgefahr nicht nur für den Kläger, sondern auch für die Nachbarn.

Anderthalb Tage mit fünf Leuten beschäftigt

In der Wohnung wurden dann 150 freilaufende Kaninchen eingefangen und beschlagnahmt. Die beauftragte private Entrümpelungsfirma war mit bis zu fünf Angestellten eineinhalb Tage lang damit beschäftigt, die Wohnung zu desinfizieren und das verkotete Inventar zu entsorgen.

Der Mann hielt die Zwangsräumung allerdings für überzogen. Er hätte sowieso einige Wochen später aus der Wohnung ausziehen müssen. Die Räumung sei rechtswidrig und zur "Gefahrenabwehr" nicht erforderlich gewesen.

Ihm sei zudem "erheblicher Schaden" entstanden, da seine Wertsachen und sein Hausrat entsorgt wurden. Lediglich einige Kleidungsstücke und ein Kühlschrank seien ihm übergeben worden.

Seuchengefahr war nicht auszuschließen

Das Verwaltungsgericht hielt die Zwangsräumung für rechtmäßig. Der Zustand der Wohnung sei so verwahrlost gewesen, dass eine Seuchengefahr nicht ausgeschlossen werden konnte.

Es sei auch verhältnismäßig gewesen, dass die verdreckten Teile des Inventars wegen ihrer Gesundheitsgefährdung entsorgt wurden.

Der Kläger hätte auch nicht selbst die Desinfizierung und Reinigung seiner Wohnung vornehmen können. Dazu sei er wegen seiner Depressionen, Angststörungen und Panikattacken nicht in der Lage gewesen.

"Ein sofortiges Einschreiten zur Beseitigung der Gefahr war unerlässlich", so die Karlsruher Richter. Die vom Landratsamt in Rechnung gestellten Desinfektions- und Reinigungskosten könnten daher auf den Kläger abgewälzt werden.

Az.: 9 K 2115/10

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