Tod im Pflegeheim

Altenpfleger wegen Mordes an Patientin angeklagt

Ein Mitarbeiter einer Berliner Senioreneinrichtung soll das Beatmungsgerät einer 83-Jährigen absichtlich abgestellt haben. Der Angeklagte spricht dagegen von einem tragischen Fehler.

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Hat der Pfleger das Beatmungsgerät absichtlich abgestellt oder nicht? Diese Frage muss das Landgericht Berlin derzeit klären (Symbolbild).

Hat der Pfleger das Beatmungsgerät absichtlich abgestellt oder nicht? Diese Frage muss das Landgericht Berlin derzeit klären (Symbolbild).

© Sean Prior / stock.adobe.com

Berlin. Er soll das Beatmungsgerät einer 83 Jahre alten Patientin absichtlich abgestellt haben – nun muss sich ein Altenpfleger wegen Mordverdachts vor dem Berliner Landgericht verantworten. Der 53-Jährige wies den Vorwurf zu Prozessbeginn am Dienstag zurück.

Er habe die Seniorin ins Bett gebracht und versorgt, dann aber vergessen, ihr Beatmungsgerät wieder einzuschalten, sagte der damalige Mitarbeiter einer Berliner Pflegeeinrichtung. Er habe einen tragischen Fehler gemacht, jedoch „niemanden bewusst und zielgerichtet getötet“, so der deutsche Angeklagte.

Mögliches Motiv unklar

Die Staatsanwaltschaft geht von einem heimtückischen Mord aus. Ein Motiv habe indes bislang nicht ermittelt werden können. Der Altenpfleger habe am 17. November 2019 in einem Pflegeheim in Berlin-Tempelhof das Beatmungsgerät der in einer Intensivpflege betreuten bettlägerigen Frau abgestellt, um die Patientin zu töten, heißt es in der Anklage.

Dem im Umgang mit dem Gerät geschulten Pfleger sei bewusst gewesen, dass die 83-Jährige nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wurde. Er habe die Arg- und Wehrlosigkeit der Patientin bewusst ausgenutzt, so die Anklage.

Die 83-Jährige war auf ein Beatmungsgerät angewiesen, „konnte aber teilweise noch spontan atmen“ sagte der Staatsanwalt am Rande der Verhandlung. Sie habe an dem Tag noch Besuch von ihrer Familie bekommen und ohne Beatmungsgerät mit den Angehörigen gegessen.

„Sobald die Werte abfielen, musste sie wieder an das Gerät angeschlossen werden, auch an diesem Abend.“ Ausgeschlossen sei, dass die Frau sterben wollte. „Sie wollte mit ihrem Sohn in die niedersächsische Heimat ziehen und hat sich darauf gefreut.“

Unstimmigkeiten im Arbeitsprotokoll

Das Pflegeheim habe Anzeige erstattet, so der Staatsanwalt weiter. Aus dem Arbeitsprotokoll des Beatmungsgerätes hätten sich Unstimmigkeiten ergeben. „Wir konnten feststellen, dass das Gerät durch den Angeklagten eingeschaltet und sofort wieder abgeschaltet wurde, obwohl er wusste, dass die Frau ohne das Gerät nicht selbständig atmen konnte.“ Der 53-Jährige wurde rund ein Jahr später im November 2020 festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Der Angeklagte erklärte weiter, er habe im Ermittlungsverfahren versucht, sich auf einen Gerätefehler herauszureden. Das sei der falsche Weg gewesen. Tatsächlich aber habe er an dem Abend nach einer routinemäßigen Versorgung der 83-Jährigen das Beatmungsgerät zunächst wieder angestellt.

Weil er beim Einschalten bemerkt habe, dass die Seniorin „beim Atmen rasselte“, habe er die Maschine wieder abgestellt, um noch einmal Sekret abzusaugen. Danach müsse er vergessen haben, das Gerät wieder anzustellen. Der Prozess wird am 13. April fortgesetzt. (dpa)

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