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Anatomie-Lernen auf neuen Wegen

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Vorsicht! Dieses Buch sollte man nicht zur Hand nehmen, wenn man eigentlich keine Zeit hat. Denn schon nach der zweiten oder dritten Seite hat man sich in Tillmanns "Atlas der Anatomie" festgelesen.

Der neue Atlas von Professor Bernhard N. Tillmann, Dozent an der Universität Kiel und Vorstand der Anatomischen Gesellschaft, ist mehr als ein schnödes, langweiliges Nachschlagewerk für die Anatomie. Er ist ein informativer Schmökerband, der nicht nur Medizinstudenten, sondern auch praktizierende Ärzte begeistern kann.

Tillmann hatte bei der Arbeit an dem Buch ein Ziel: "Die Studenten sollen mit diesem Atlas Lust verspüren, ihrer medizinischen Neugierde nachzugehen", sagt der Autor in einem Interview auf den ersten Seiten des Buches. Die Frage "Warum muß ich das alles lernen?" soll sofort beantwortet werden.

Und dies gelingt Tillmann, indem er seinen Atlas spickt mit klinischen Infotexten, wie er sie nennt. So erfährt der Leser auf den Seiten zur Halsregion etwa, wodurch das Skalenusengpaß-Syndrom verursacht wird - durch anatomische Varianten kann die Lücke zwischen den Skalenus-Muskeln und der ersten Rippe sehr eng werden und dadurch den Plexus brachialis abdrücken -, wie Sängerknötchen entstehen oder welche Folgen es hat, wenn ein kompletter Lungenflügel entfernt werden muß.

Hintergrund dieser neuen Art von Atlas ist die neue Approbationsordnung, nach der klinische Inhalte in den vorklinischen Studienabschnitt miteinbezogen werden müssen. Tillmann erfüllt diese Vorgabe durch die Infotexte sowie die vielen klinischen Darstellungen: CT, Multislice-CT, MRT, Sonographie, Endoskopie, Ausgußpräparate und Photographien wechseln mit den leider nicht ganz so brillanten anatomischen Zeichnungen ab.

Dabei war es für Tillmann kein Problem, sich auf die neue Richtung einzustellen: "Da ich schon immer so gelehrt habe, ist die neue Approbationsordnung für mich überhaupt nichts Neues. Ich habe im Präparierkurs immer mit den Studenten perkutiert und auskultiert." Damit das Lernen und Nachschlagen der Muskeln nicht zur Tortur wird, hat Tillmann diese in einen Muskeltrainer ausgelagert.

In dem 84seitigen Heft sind Ursprung, Ansatz, Funktion, Innervation und Blutversorgung der Muskeln zusammengefaßt. Ein ausführliches Schlagwortverzeichnis mit Hinweisen, ob ein Begriff in der Abbildung, einer Tabelle oder im Muskeltrainer zu finden ist, erleichtert das Auffinden.

Fazit: Wer Interesse an funktioneller Anatomie, gespickt mit klinischen Infos hat, der sollte bedenken, was passieren kann, wenn er sich dieses Buch in den Schrank stellt: Länger lesen, als einem lieb ist. (sko)

Bernhard N. Tillmann: Atlas der Anatomie. Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2004, 636 Seiten, 1363 farbige Abb. 110 Tabellen, 75,95 Euro, ISBN 3-540-21964-1

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