Fernsehen

"Ausnahmen" mit Durchschnittsgröße

Die RTL-II-Show "Curvy Supermodel" startet in die dritte Staffel. Welchen gesellschaftlichen Mehrwert bietet das Format?

Von Luisa Hofmeier Veröffentlicht:
Angelina Kirsch mit Adina in der Sendung "Curvy Supermodel - Echt. Schön. Kurvig."

Angelina Kirsch mit Adina in der Sendung "Curvy Supermodel - Echt. Schön. Kurvig."

© RTL II/obs

MÜNCHEN. Größe 42 und Supermodel? Auf den ersten Blick scheint das ein Gegensatz zu sein, gelten gängigen Klischees zufolge doch 90-60-90 als die perfekten Maße. In der Casting-Show "Curvy Supermodel" ist das anders, hier sucht das Plus-Size-Model Angelina Kirsch seit Donnerstag auf RTL II zum dritten Mal Deutschlands nächstes Topmodel — mit Übergröße. Übergröße, in dem Wort steckt das gleiche Wort wie in Übergewicht. Dabei suchen Kirsch und ihre drei Jury-Kollegen eigentlich eine Frau mit Durchschnittsgröße. Nämlich "ein Model, das gut arbeitet und viel gebucht wird", wie Kirsch sagt. Die gängigen Größen in diesem Modesegment seien 42 oder 44.

Ziemlich normal

Ist das nicht ziemlich normal? Offizielle Zahlen zur durchschnittlichen Kleidergröße gab es zuletzt 1994. Laut der Studie "SizeGermany" vom Institut Hohenstein trugen damals ein Drittel der deutschen Frauen Größe 40 und 42. Inzwischen veröffentlicht das Institut die durchschnittliche Kleidergröße nicht mehr. Aber: Seit den 1990ern nahmen Brust-, Taillen- und Hüftumfang zu, wie Zahlen des Instituts Ende der 2000er zeigten. Das legt auch der Vergleich des Mikrozensus von 1999 und 2013 nahe: Das durchschnittliche Gewicht der deutschen Frau ist gestiegen, die durchschnittliche Körpergröße blieb indes gleich.

Während also die Größe 42 in der deutschen Bevölkerung normal ist, ist das Supermodel mit der Größe die Ausnahme. Das finde sie schon entsetzlich, sagt Kirsch dazu. Sie glaube, dass die Show Frauen mit Kurven Selbstbewusstsein gebe.

Kann das funktionieren? Laut Christian Schemer, Professor am Institut für Publizistik in Mainz, kann sich der Vergleich mit überdurchschnittlich schlanken Menschen negativ auf das Selbstbild auswirken. "Je mehr normale Menschen wir sehen, desto weniger dürften wir darunter leiden." Dennoch sieht Schemer insbesondere die Fokussierung auf die Attraktivität kritisch. Auch Dr. Christina Peter von der Ludwig-Maximilians-Universität in München erforscht, wie Darstellungen in den Medien das Schönheitsideal beeinflussen können. "Curvy Supermodel" hält sie für einen Schritt in die richtige Richtung, "weil auch Frauen mit größeren Größen als schön und erfolgreich dargestellt werden." Wichtig sei dabei aber, dass die Figur der Frauen auch als "normal" präsentiert werde.

Die Show heißt aber nicht "Normal Supermodel" sondern "Curvy Supermodel". Die Besonderheit der Kurve ist im Fokus. So sollen die Kandidatinnen etwa lernen, wie sie ihre Kurven am besten präsentieren. "Solange das Ideal noch nicht aufgebrochen ist und unterschiedliche Körpertypen als Schönheitsideal gefeiert werden, brauchen wir eben dieses Attribut "curvy"", sagt Angelina Kirsch.

Dass Models mit Größe 42 als Übergrößemodels gelten, sei für sie allerdings desaströs. Das Schönheitsideal der Gesellschaft wird die dritte Staffel der Show wohl nicht allein ändern können, "weil das gesamte Schönheitsideal in den Medien insgesamt einfach noch unrealistisch ist. Dabei geht es ja nicht nur um Shows wie "Germany's Next Topmodel", sondern auch in Filmen und Serien sind die Hauptrollen immer sehr schön und schlank", sagt Wissenschaftlerin Peter dazu. (dpa)

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