Teilhabe statt Ausgrenzung

Barrierefreie Hausarztpraxis? Oft Fehlanzeige

Einiges wurde durch die UN-Behindertenrechtskonvention erreicht, doch zufrieden ist kaum jemand. Der VdK möchte deshalb die Zulassung von Praxen an die Barrierefreiheit koppeln.

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Barrierefreie Praxen sind das Ziel der Politik – der Weg dahin aber noch weit.

Barrierefreie Praxen sind das Ziel der Politik – der Weg dahin aber noch weit.

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BERLIN. Zehn Jahre nach dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland hat der zuständige Beauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, ein ernüchterndes Fazit gezogen. Für die Umsetzung der Konvention würde er Deutschland die Note „befriedigend bis ausreichend“ geben, sagte Dusel dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Dienstag.

Als Beispiel nannte Dusel den Arbeitsmarkt. Zwar gebe es mehr als 1,2 Millionen Menschen mit Schwerbehinderung in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, mehr als je zuvor. Zugleich seien aber Menschen mit Behinderungen noch immer deutlich länger und häufiger arbeitslos als Menschen ohne Behinderungen.

Jedes Unternehmen mit mehr als 20 Stellen muss fünf Prozent für Schwerbehinderte bereitstellen oder eine Ausgleichsabgabe zahlen. Ein Viertel dieser Firmen habe keinen einzigen Menschen mit Behinderung eingestellt. „Das ist inakzeptabel“, sagte Dusel. Sollte der Dialog mit dem Arbeitgebern nichts bringen, sollte die Ausgleichsabgabe mindestens verdoppelt werden, forderte er.

Barrierefreiheit als wichtiges Zulassungskriterium?

Aus Sicht des Sozialverbandes VdK sind viele Menschen mit Behinderung von uneingeschränkten Teilhabemöglichkeiten noch weit entfernt. VdK-Präsidentin Verena Bentele forderte unter anderem, eine barrierefreie Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Nur zehn Prozent der Hausarztpraxen seien heute barrierefrei. Der VdK verlange, dass bei Praxiszulassungen Barrierefreiheit zu einem entscheidenden Kriterium gemacht werde.

Auch die Grünen fordern barrierefreie Zugänge im Alltag. „Ältere Arztpraxen ohne barrierefreie Zugänge bekommen keine Auflagen für ihren Weiterbetrieb, es fehlen in Deutschland Millionen an barrierefreien und altersgerechten Wohnungen und voraussichtlich wird nicht einmal der Personennahverkehr, wie gesetzlich vorgeschrieben, bis 2022 barrierefrei sein“, sagte der Spitzenkandidat der deutschen Grünen für die Europawahl, Sven Giegold.

Die Gleichstellungsgesetze von Bund und Ländern regelten nur den Schutz vor Diskriminierung im Verhältnis zum Staat, ein privatrechtlicher Diskriminierungsschutz sei damit nicht verbunden, bemängelte er. Die Grünen würden das zum Wahlkampfthema vor der Europawahl machen, kündigte Giegold an.

Problem reicht bis ins Heim

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt beklagte, dass der Anteil der Menschen mit Behinderungen in Heimen wachse, obwohl sich die Bundesregierung mit der UN-Konvention verpflichtet habe, ihnen ein selbstbestimmtes Wohnen in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen. Die Regierung müsse den Trend umkehren, forderte Göring-Eckardt in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag).

Corinna Rüffer, die behindertenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, verlangte in der Zeitung, den Mehrkosten-Vorbehalt, der es den Ämtern erlaube, die Finanzierung zu verweigern, abzuschaffen.

In Sachen Digital Health beispielsweise fordert Gerlinde Bendzuck, Vorsitzende der Landesvereinigung Selbsthilfe Berlin, mit Hinweis auf die UN-Konvention zugangsgerechte Apps, die „nicht diskriminieren“.

Die UN-Behindertenrechtskonvention wurde Ende 2006 von der UN-Generalversammlung beschlossen und trat in Deutschland am 26. März 2009 in Kraft. Die Konvention fordert Inklusion, also für alle Menschen eine uneingeschränkte und gleichberechtigte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Ein Mensch mit geistigen, körperlichen oder psychischen Einschränkungen soll sich demnach nicht anpassen müssen, sondern – so wie er ist – mitten in die Gesellschaft gehören. (dpa)

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