Beim Konklave 1623 starben zehn Kardinäle und 40 Diener an Malaria

Von Ronald D. Gerste Veröffentlicht:

Wenn in Rom heute die 117 Kardinäle zur Papstwahl zusammentreten, werden sie sich um die Zukunft der Kirche sorgen, kaum aber um die eigene Gesundheit während des Konklave. Das war früher anders: Ihre Vorgänger im Jahre 1623 wurden von jener Seuche heimgesucht, die untrennbar zur Geschichte der Stadt Rom gehört. Die in den Tibersümpfen endemische Malaria machte das Konklave zum tragischsten aller Zeiten.

Seit der Antike war Rom berüchtigt für "das Fieber"

Die Kirchenfürsten, die in Mittelalter und früher Neuzeit davon träumten, zum Papst gewählt zu werden, waren sich bewußt, daß diese Ehre einen hohen Preis kosten konnte. Rom, die heilige Stadt, war seit der Antike als Nährboden einer Seuche gefürchtet, die man über Jahrhunderte nur "das Fieber" nannte.

Der erste deutsche Papst, der 996 gewählte Gregor V, war mit 24 Jahren einer der Jüngsten auf dem Stuhl Petri. Nach nur drei Jahren war er der jüngste Ex-Papst: Das Fieber, dem erst 1740 der englische Schriftsteller Horace Walpole anläßlich eines Rom-Besuchs den Namen mal'aria geben sollte, hatte wieder ein prominentes Opfer gefunden.

Mehrere Päpste starben an den Folgen der Malaria

Er blieb bei weitem nicht das letzte Opfer unter den Oberhäupter der katholischen Kirche. Im Juli 1492 - als gerade ein Untertan der Kirche aus Genua namens Kolumbus seine Schiffe für eine Entdeckungsreise ausrüstete - starb Papst Innozenz VIII. an Malaria.

Elf Jahre später teilte Papst Alexander VI. höchstwahrscheinlich dieses Schicksal, eine Differentialdiagnose bei diesem mit Sittenverfall assoziierten Kirchenmann ist der Giftmord. Im Sommer 1523 raffte die Malaria Adrian VI., im August 1590 Sixtus V. hinweg - Sommermonate galten in Rom als besonders lebensgefährlich. Denn im Sommer sind die weiblichen Mücken besonders hungrig - ein kausaler Zusammenhang, der damals noch nicht bekannt war.

Es war abermals ein heißer Juli, als sich Gregor XV. im Jahr 1623 in Fieberkrämpfen wand. Als er am 8. Juli starb, wußten die Kardinäle, was ihnen bevor stand: eine Reise nach Rom, in dem Hunderte von Menschen pro Wochen am Fieber starben und es zu Unruhen kam. 55 Kardinäle zogen sich mit düsteren Vorahnungen ins Konklave zurück - Vorahnungen, die bald Realität werden sollte.

Während die Sympathisanten des französischen Königs Intrigen sponnen, um einen frankophilen Papst auf den Stuhl Petri zu bringen, erkrankte einer der Diener im Petersdom nach dem anderen. Die Versorgung der Kardinäle begann zu leiden, die Unterbekleidung konnte mangels Personal keiner Reinigung mehr unterzogen werden. Am 3. August lagen bereits zehn Kardinäle mit Malaria darnieder, die Fraktionen der einzelnen Kandidaten blockierten sich gegenseitig.

Dann begann das Favoritensterben: Kardinal Sauli starb, dann Kardinal Serra. Als das Konklave zu Ende ging, waren sechs Kardinäle und 40 ihrer Bediensteten an Malaria gestorben. Die Erleichterung war greifbar, als endlich der Weiße Rauch aus dem Schornstein stieg, "Habemus papam!" gerufen wurde und die überlebenden Kardinäle fluchtartig die Stadt verließen.

Doch auch der neue Papst, Urban VIII, war der Seuche nicht entkommen. Bis November lag er krank darnieder, von Fieberschüben und Kopfschmerzen gepeinigt, letztere so stark, daß er die Tiara nicht tragen zu können glaubte.

In einem fernen Land, das zum Kolonialreich des katholischen Spanien gehörte, wurde bald ein Mittel zur Heilung entdeckt. In Peru, so beobachteten Jesuiten, aßen die Eingeborenen sehr bitter schmeckende Extrakte aus der Rinde eines Baumes. Den Baum nannten die Europäer "Chinarinde" (Cinchonia), woraus sich später der Name seines Wirkstoffes ableitete: Chinin.

In Rom, wo das Mittel besonders dankbar aufgenommen wurde, nannte man es "Jesuitenpulver". Es trug wesentlich dazu bei, daß kein Konklave mehr so tödlich wurde wie jenes von 1623.

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