Paralympics
Gruß vom Doping-Gespenst
Alles sauber in Pyeongchang? Die Paralympics laufen, das Doping-Gespenst ist nicht vertrieben – und ein Urinflaschenhersteller hat keine Lust mehr.
Veröffentlicht:PYEONGCHANG. Und am Ende hat sie auch noch Gold gewonnen. "Das war natürlich das i-Tüpfelchen", sagte Deutschlands Chef de Mission Karl Quade nach dem Sieg der sehbehinderten russischen Biathletin Michalina Lisowa beim ersten Start.
Und auch Präsident Friedhelm Julius Beucher vom Deutschen Behindertensportverband (DBS) ärgerte sich maßlos. "Diese Diskussion hat den Beginn dieser Paralympics belastet", sagte er: "Und mit diesem Sieg sind die Zweifel nicht weg. Im Gegenteil."
Schon als am vergangenen Mittwoch – angeblich kurzfristig – die Starterlaubnis für Lisowa erteilt wurde, war der DBS auf die Barrikaden gegangen und hatte die Freigabe öffentlich als unverständlich bezeichnet, "weil ihr Name im McLaren-Report auftaucht". In diesem ist das systematische Doping in Russland belegt. Dass IPC-Präsident Andrew Parsons entgegnete, es gebe "verschiedene Listen", sorgte für weitere Verstimmung.
570 Sportler, 600 Dopingtests
Bei den Winter-Paralympics gibt es 600 Doping-Tests – und damit durchschnittlich mehr als einen pro teilnehmendem Athlet. Das gab das Internationale Paralympische Komitee (IPC) bekannt.
An den bis 18. März dauernden Spielen in Südkorea sollen 570 Sportler aus 49 Ländern teilnehmen. Bei den vorherigen Winterspielen 2014 in Sotschi gab es noch 490 Doping-Tests, die ein positives Ergebnis im Para-Eishockey ergaben.
Derweil sind alle 370 Nachtests der Spiele von Vancouver 2010 negativ gewesen. Das IPC hatte sämtliche Blutproben der Spiele von Kanada mit Hilfe neuer Analyse-Methoden noch einmal geprüft.
"Dank der neuen Technik können wir nun Substanzen erkennen, bei denen das bisher nicht möglich war", sagte IPC-Präsident Andrew Parsons. In absehbarer Zeit will das IPC auch die vorliegenden Proben der Spiele von Sotschi sowie der Sommerspiele 2016 in Rio noch einmal neuen Tests unterziehen.
Unterdessen muss sich die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) einen neuen Lieferanten von Urinflaschen für Dopingproben suchen. Der Schweizer Hersteller Berlinger wird die Produktion einstellen.
Dies teilten das Familienunternehmen aus dem Kanton St. Gallen und die WADA mit. Berlinger stellt die Produktion mittelfristig ein und will nach Absprache mit der WADA noch während einer Übergangsphase Flaschen liefern, um keine Engpässe entstehen zu lassen.
Probleme mit dem Verschluss
Im Vorfeld der Olympischen Winterspiele in Pyeongchang war durch einen ARD-Bericht bekanntgeworden, dass es mit dem neuesten Modell der Fläschchen offenbar Probleme mit dem Verschluss gab.
Dies hatte zu großer Verunsicherung und Sorge wegen möglicher Manipulationen von Proben geführt. Daraufhin schickte Berlinger ein älteres Modell der Flaschen zu den Winterspielen nach Südkorea.
Der Verwaltungsrat der Firma Berlinger hat sich laut einem Bericht der Zeitung "Ostschweiz am Sonntag" für den Rückzug aus dem Geschäftsfeld entschieden. Firmensprecher Hans Klaus sagte dem Blatt: "Wir mussten uns fragen, ob wir in einem Bereich tätig sein wollen, wo ein Risiko zu systematischen Betrügereien bestehe. Die Gefahr eines Reputationsverlusts ist permanent vorhanden."
Das Unternehmen will sich in Zukunft auf sein Kerngeschäft, die Temperaturüberwachung von Kühlketten, konzentrieren. Deutschlands Nationale Anti-Doping-Agentur bedauerte die Entscheidung von Berlinger. Man werde nun schnellstmöglich einen neuen Hersteller suchen, teilte die NADA mit.
Bis dahin werde noch auf das Material von Berlinger zurückgegriffen. "Die Aufrechterhaltung des Dopingkontrollsystems und die Integrität aller damit zusammenhängender Prozesse hat für die NADA oberste Priorität", betonte die NADA-Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann.
Nachdem zuletzt in Labors sowie bei Materialtests Glasbrüche festgestellt worden seien, habe Berlinger die Lieferung der Dopingkontroll-Kits vorübergehend eingestellt.
"Aufgrund der bisherigen Testresultate kann das Materialrisiko als überschaubar taxiert werden", hieß es. Aus dem Vorrat der Doping-Kits, die nach Pyeongchang geliefert wurden, soll nun noch so lange wie möglich die Nachfrage gedeckt werden. (dpa)