Mit Aufklärung gegen überflüssige Pfunde
Zu viel Süßes, zu wenig Sport: Immer mehr türkische Kinder sind adipös. Ein Ratgeber soll helfen.
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Zu viele Pfunde machen auch den Kindern türkischer Herkunft zu schaffen.
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BERLIN. Unter dem Motto "Clever Naschen" hat die Türkisch-Deutsche Gesundheitsstiftung (TDG) gemeinsam mit dem Süßwarenproduzenten Mars ein Aufklärungsprogramm für türkische Familien gestartet. Im Mittelpunkt der Aktion steht ein in Türkisch verfasster Ratgeber, der Informationen und Tipps zu verschiedenen Ernährungs- und Bewegungsthemen enthält. Hintergrund der Initiative sei eine stark steigende Zahl von übergewichtigen türkischen Kindern und Jugendlichen, sagte der Arzt und Vorsitzende der Stiftung, Dr. Yasar Bilgin, am Donnerstag in Berlin. Ein Problem sei, dass türkische Mitbürger "wenig Zugang" zu öffentlichen Aufklärungskampagnen über Themen wie Gesundheit, Ernährung und Bewegung hätten. "Daher ist es wichtig, ihnen solche Angebote in türkischer Sprache zu unterbreiten."
Nach Angaben der Initiatoren leidet etwa jeder zehnte türkische Junge in Deutschland an Übergewicht, bei den Mädchen sind rund sechs Prozent zu dick. Diabetes und Herzkrankheiten seien die Folge. "Ein kritischer Blick auf die türkische Gemeinde in Deutschland zeigt, dass viele junge Türken Probleme mit Übergewicht haben", sagte der Mädchen- und Frauenbeauftragte des Berliner Fußballclubs Türkiyemspor und Mitautor des Ratgebers, Murat Dogan. Mangel an Bewegung und falsche Ernährung seien das Hauptproblem.
Die Grünen-Politikerin Ekin Deligöz, die auch Vorsitzende der Kinderkommission des Bundestags ist, kritisierte, viele Präventionsangebote erreichten oft nur die Menschen, "die sowieso wissen, worum es geht". Die, die wirklich betroffen seien, fielen unten durch. Deshalb sei es wichtig, Angebote für eine gesündere Lebensweise niedrigschwellig zu organisieren. "Mit Bevormundung kommen wir nicht weiter." Deligöz sprach sich dafür aus, Lebensmittel in Form einer Ampel zu kennzeichnen. Dies sei ein gutes Instrument, mit dem auch die Eltern türkischer Kinder für gesunde Ernährung sensibilisiert werden könnten. "Wir müssen die Eltern bei diesem Thema mitnehmen. Sie schmieren die Pausenbrote und gestalten den Alltag der Kinder mit."
Unterversorgung bei Diabetes mellitus
In Deutschland lebende Türken haben doppelt so häufig einen Diabetes mellitus wie der Durchschnitt der deutschen Bevölkerung. Viele Betroffene gelten laut Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Migranten e.V. als "unterversorgt". Soziale Ursachen seien für die unbefriedigenden Therapie-Ergebnisse verantwortlich. Fehlende Sprachkenntnisse sowie Schwellenängste führten dazu, dass medizinische Angebote nicht wahrgenommen würden. Zur Überwindung der "verbreiteten Sprachlosigkeit" im Umgang mit Migranten schlägt die Gesellschaft die Beschäftigung von zweisprachigen Ärzten und Diabetesberatern vor. (hom/eis)