Der Ehestand aus Sicht der Kardiologen

Starkes Herz dank Eheglück?

Eheglück oder Ehehölle? Eine neue Studie zeigt in dieser zwischen den Geschlechtern heiß diskutierten Frage eine klare Erkenntnis. Eine augenzwinkernde Analyse.

Christoph BarkewitzVon Christoph Barkewitz Veröffentlicht:
Herz ist Trumpf - oder nicht?

Herz ist Trumpf - oder nicht?

© detailblick / stock.adobe.com

BERLIN. Der schwedische Dramatiker August Strindberg ließ kein gutes Haar am heiligen Stand der Ehe: "Manche Ehe ist ein Todesurteil, das jahrelang vollstreckt wird."

Nun ja, der Mann war drei Mal verheiratet, mit jeweils unglücklichem Ausgang, da ist dieses harsche Urteil nicht weiter verwunderlich. Aber auch die Sängerin Maria Callas wusste einst zu berichten: "Ehen werden im Himmel geschlossen und in der Hölle gelebt."

Das Ehejoch, das jene Zeitgenossen zu tragen hatten, muss wahrlich schwer gewogen haben, und auch heute noch klagt mancher Mensch über die vermeintliche Ehehölle, in der er oder sie angeblich schmore. Alles Humbug, glaubt man einer neuen Studie eines australisch-neuseeländischen Wissenschaftlerteams.

Von wegen, der Gatte oder die Gattin trieben das Gegenüber ins Grab: Nein, die Ehe könnte vor tödlichen Herzerkrankungen und Schlaganfällen schützen, heißt es in einer Meldung des Australisch-Neuseeländischen Hochschulverbunds.

Zwei Millionen Untersuchte

Für diese Erkenntnis haben die Wissenschaftler keineswegs nur auf einige ausgesuchte Traumpaare zurückgegriffen, die im Eheglück schwelgen.

Nein, die Datenbasis ist enorm: Mehr als zwei Millionen Menschen im Alter von 42 bis 77 Jahren aus Europa, Skandinavien, Nordamerika, dem Mittleren Osten und Asien wurden den Angaben zufolge betrachtet.

Offenbar gab es aber zuvor auch Studien die anderes belegten. "Die Erkenntnisse der bisherigen Forschung zum Einfluss des Familienstands waren uneindeutig", räumen die Forscher ein, weshalb sie "für ihren Versuch, Klarheit zu schaffen", eine große Zahl an relevanten Forschungsprojekten durchforsteten – nämlich 34 von 250 Studien (veröffentlicht zwischen 1963 und 2015).

Da sei die Tendenz dann ganz deutlich: Die Pool-Analyse der Daten habe offengelegt, dass verglichen mit Menschen, die verheiratet waren, die Unverheirateten (nie verheiratet, geschieden oder verwitwet) ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (42 Prozent) und Herzgefäßerkrankungen (16 Prozent) aufwiesen.

Nicht verheiratet zu sein wurde außerdem mit einem erhöhten Risiko für tödliche Herzgefäßerkrankungen (42 Prozent) oder tödliche Schlaganfälle (55 Prozent) in Zusammenhang gebracht.

Eigener Risikofaktor

Damit ist – zumindest aus kardiologischer Sicht – klar: Segel setzen in den Hafen der Ehe!

Die Schlussfolgerung der im Journal "Heart" veröffentlichten Untersuchung liest sich natürlich weitaus wissenschaftlicher: "Aufgrund dieser Erkenntnisse schlagen die Wissenschaftler vor, den Familienstand als eigenen Risikofaktor für Herzkrankheiten und Schlaganfälle miteinzubeziehen."

Es sei wichtig, die sozialen Umstände und den Familienstand des Patienten genauer zu betrachten sowie gegebenenfalls spezielle Unterstützung im Rahmen der Patientenfürsorge einzubringen, so Dr. Anastasia Mihailidou von der Macquarie University in Sydney.

Denn 80 Prozent der kardiovaskulären Erkrankungen würden mit den bekannten Risikofaktoren in Verbindung gebracht: Alter, Geschlecht, hoher Blutdruck, hohe Cholesterinwerte, Rauchen und Diabetes. Aber es sei noch nicht klar, was die übrigen zwanzig Prozent beeinflusst.

Gar das Eheglück? Nicht wirklich klar wird aus dem Papier, wie es um die sogenannte wilde Ehe steht. "Verheiratet" lautet schlicht der examinierte Status, die "eheähnliche Gemeinschaft" bleibt unerwähnt. Für Geschiedene und Verwitwete zumindest weisen die Erkenntnisse Bedrohliches aus.

Bei genauerer Betrachtung der Daten habe die Analyse gezeigt, dass geschiedene Männer und Frauen ein 35 Prozent höheres Risiko für Herzkrankheiten aufwiesen, wohingegen Witwen und Witwer zu 16 Prozent wahrscheinlicher einen Schlaganfall erlitten.

Trotz allen dargelegten Wohlbefindens im Ehebund sei der guten Ordnung halber aber noch auf ein nicht zu unterschätzendes Risiko beim Vollzug der Ehe hingewiesen – dabei droht der Mors in coitu.

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