Stets Tausenderpackungen der hundert wichtigsten Medikamente

Von Arno Schütze Veröffentlicht:

Als ein Missionsarzt dem Böblinger Lackfabrikanten Paul Lechner die gesundheitliche Situation der Menschen in Indien schildert, beschließt der zu handeln. Im Jahr 1906 ruft er das Deutsche Institut für Ärztliche Mission (Difäm) in Tübingen ins Leben. Es soll die Arbeit der deutschen und schweizerischen Missionen in Übersee unterstützen. Heute gehört die Organisation zu den wichtigsten karitativen Arzneimittellieferanten in Entwicklungsländern.

"Die Kirche hat einen Heilungsauftrag", sagt der Leiter der unabhängigen, aber eher protestantisch ausgerichteten Organisation, Rainward Bastian. "Dabei sind für uns Malaria, Tuberkulose und Aids die drei wichtigsten Krankheiten."

Etwa ein Drittel der aus Spenden finanzierten Ausgaben von zuletzt knapp zwei Millionen Euro jährlich fließt in Arzneien gegen diese Krankheiten. Dabei sammelt Difäm seit 1990 keine Medikamenten-Restbestände von deutschen Kliniken oder Patienten mehr. "Das war viel zu aufwendig und ineffektiv", sagt Bastian. "Was vor Ort gebraucht wird, sind die Tausenderpackungen der 100 wichtigsten Medikamente - und zwar in nationaler Beschriftung."

In den meisten Fällen gibt die Organisation ihren kirchlichen Partnern heute Geld für die Beschaffung der Medikamente auf dem lokalen Markt. So erhielten 2005 unter anderem Gesundheitszentren im von Hungersnot geplagten Äthiopien Mittel für den Kauf von Durchfall- und Malariamedikamenten.

Manchmal sind die Preise vor Ort aber höher als in Deutschland, dann liefert Difäm die Arzneien selbst. Im vergangenen Jahr schickte die Organisation zum Beispiel Krebsmedikamente an eine Frauen- und Kinderklinik im Südirak und Malariamittel an Gesundheitszentren im Südsudan.

Manchmal hilft Difäm auch beim Aufbau einer lokalen Arzneimittelproduktion. Nach dem verheerenden Tsunami Ende 2004 errichteten Helfer in Indien mit Mitteln von Difäm eine kleine Fabrik zur Herstellung von Antibiotika. "Das stößt wegen des Patentschutzes allerdings an Grenzen", sagt Bastian.

Immer wieder gelingt es Difäm und anderen Organisationen aber, die Arzneimittelhersteller zu Sonderpreisen für Entwicklungsländer zu überreden. "Die Verhandlungen mit den Konzernen sind ein wichtiger Teil unserer Arbeit", sagt Bastian.

Difäm geht es aber nicht nur um die Versorgung der Entwicklungsländer mit Arzneien, sondern um die Verbesserung ihrer Gesundheitssysteme insgesamt. In seinen Anfangsjahren half Difäm den christlichen Missionen beim Aufbau von Krankenhäusern und bot Ausbildungen für die Arbeit von Missionarsärzten vor Ort an.

"Ein vermittelter Arzt ist immer auch eine Bedrohung für die langfristige Entwicklung eines lokalen Gesundheitssystems", sagt Bastian. Denn die meisten Ärzte gehen irgendwann zurück und hinterlassen eine schmerzhafte Lücke.

"Heute geht es vor allem darum, die Aus- und Fortbildung vor Ort zu fördern", sagt Bastian. Und ein weiterer Aspekt gewinnt an Bedeutung: "Vergangenes Jahr erarbeitete ein Difäm-Experte in Ghana einen Plan, wie die kirchlichen Krankenhäuser ihre Arbeitsplätze so attraktiv machen können, daß ihre einheimischen Fachkräfte nicht ins Ausland abwandern." (dpa)

Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.difaem.de

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