Panorama

Traumatisierte Trauma-Experten

Die Tat macht bis heute fassungslos: Ein Psychologe wird in einem Beratungszentrum für Flüchtlinge erstochen. Jetzt beginnt der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter, der in dem Zentrum Beratung suchte.

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SAARBRÜCKEN. Knapp fünf Monate nach einem Mord in einem Therapie-Zentrum für Flüchtlinge und Migranten hat in Saarbrücken der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter begonnen. Mohammad A. muss sich am Landgericht der Stadt verantworten.

Der 27-jährige Syrer soll am Morgen des 7. Juni einen 30-jährigen Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) im Psychosozialen Zentrum des DRK erstochen haben. Der Psychologe gehörte seit 2014 zum Team und arbeitete für das Projekt "Hope", das traumatisierte Menschen bei einem Neubeginn unterstützt.

Der Anklage zufolge begrüßte Mohammad A. den Therapeuten in seinem Zimmer zunächst mit Handschlag. Dann soll er "unvermittelt und ohne Vorwarnung mit der anderen freien Hand nach einem Messer mit einer etwa 13 Zentimeter langen Klinge gegriffen und das Messer mit großer Wucht dem Therapeuten zwei Mal in den Körper gerammt haben". Der 30-jährige Psychologe verblutete trotz notärztlicher Behandlung.

Die Tat löste Entsetzen aus, die Kollegen des Opfers aus dem Psychosozialen Zentrum leiden bis heute an den Folgen. "Mitarbeiter befinden sich immer noch in der psychologischen Betreuung. Die Betroffenheit ist weiterhin da", sagte der Sprecher des DRK-Landesverbandes, Martin Erbelding, der Deutschen Presse-Agentur.

Nach dem dramatischen Ereignis machten sich die Beschäftigten Vorwürfe, warum es nicht gelungen sei, die Tat zu verhindern. Solch ein Vorfall könne jedoch "in jeder therapeutischen oder neurologischen Praxis vorkommen", sagte Erbelding. Dennoch hat das DRK inzwischen Konsequenzen gezogen. Nach Auskunft von Michael Burkert, Präsident des DRK-Landesverbandes Saarland, sind die zwölf Mitarbeiter der Psychosozialen Beratungsstelle in ein anderes Gebäude umgezogen.

Dort seien die Wartezimmer für die Klienten getrennt von den Büro- und Besprechungsräumen. Außerdem gebe es Deeskalationstrainings für die Mitarbeiter.

Beratungen finden wieder statt. "Wir achten jedoch vermehrt auf Sicherheitsaspekte in Beratungssituationen", sagte Burkert. Zum Beispiel auf Fluchtwege oder darauf, Gespräche eventuell zu zweit zu führen.

Die Motive für die tödliche Messerattacke sind noch immer unklar. Nach Auskunft einer Gerichtssprecherin befindet sich der mutmaßliche Täter in einer psychiatrischen Klinik. Mit einem Urteil wird am 13. November gerechnet. (dpa)

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