Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht

Von Kindern und Couchpotatos

Wenig überraschend: Laut einer aktuellen Analyse bewegen sich Kinder und Jugendliche zu wenig, vor allem Mädchen. Dabei hat Sport außer der Prävention von Übergewicht noch einen ganz anderen Vorteil.

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Kinder beim Tauziehen: Lieber raus und bewegen, statt drinnen vor dem Smartphone zu sitzen, empfehlen auch Sportmediziner.

Lieber raus und bewegen, statt drinnen vor dem Smartphone zu sitzen: Das empfehlen Sportmediziner für Kinder erwartungsgemäß.

© Robert Kneschke / stock.adobe.com

Essen. Kinder und Jugendliche in Deutschland bewegen sich im Alltag immer weniger. Zu diesem Ergebnis kommen die Autoren des Vierten Deutschen Kinder- und Jugendsportberichts, der am Donnerstag in Essen vorgestellt wurde. „80 Prozent der Jugendlichen bewegen sich weniger als von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen, besonders betroffen sind Mädchen“, erklärte der Sportwissenschaftler und Leiter des Herausgeberteams des Berichts, Christoph Breuer von der Sporthochschule Köln.

Als Folge nennen die Experten vor allem Übergewicht. Dieses beeinträchtige die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen und könne auch zu einer niedrigeren Lebenserwartung führen. Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung empfiehlt die WHO Heranwachsenden im Alter von 5 bis 17 Jahren pro Tag mindestens 60 Minuten moderate bis intensive körperliche Tätigkeit.

Problem: Medienkonsum

Problematisch sei in diesem Zusammenhang das wachsende Angebot an digitalen Medien und Spielen, hieß es. Erste Erkenntnisse zum Sitzverhalten beim Medienkonsum und dem daraus resultierenden geringen Energieumsatz seien „alarmierend“. Der Einfluss der Digitalisierung auf die sportliche Betätigung von Kindern und Jugendlichen sei allerdings noch nicht genügend erforscht.

Wenn sich am Ende auf dem Fußballplatz ein Syrer und ein Iraner auf Deutsch anpflaumen, ist das aus meiner Sicht im besten Sinne gelungene Integration durch den Sport.

Stephan Mayer (CSU), Parlamentarischer Staatssekretär beim zuständigen Bundesinnenministerium

Eine weitere Ursache sieht der Essener Sportpädagoge Werner Schmidt in den längeren Betreuungszeiten, die zu einem „Kampf der Nachmittagsangebote um die knapper werdende freie Zeit der Heranwachsenden geführt“ habe.

Was können wir gegen den Trend tun?

Bewegung im Alltag müsse wieder stärker gefördert werden, sagten die Autoren. Dies könne etwa über eine bewegungsfreundliche und wohnortnahe Gestaltung von Lebensräumen erfolgen, beispielsweise durch Ausbau von sicheren Radwegen und Grünflächen, die zum aktiven Bewegen einlüden.

Noch wichtiger sei es allerdings, den Stellenwert von Bewegung, Spiel und Sport im Schulkontext zu stärken. Die Autoren sprechen sich in diesem Zusammenhang für mehr Sportstunden, verlängerte Bewegungspausen, Sport-AG-Angebote am Nachmittag, mehr qualifiziertes Personal und Pflicht-Schwimmunterricht aus.

Trotz dieser Entwicklungen sei Sport weiterhin die Nummer Eins der außerschulischen Freizeitaktivitäten bei Kindern und Jugendlichen, hieß es weiter. „Sport wird in diesem Lebensabschnitt vor allem im Verein ausgeübt, was einhergehen kann mit sozialer Anerkennung sowie einer Stärkung des Selbstwertgefühls und der Selbstwirksamkeit.“

Der Zugang zum aktiven Sporttreiben und zur Mitgliedschaft im Sportverein sei jedoch immer mehr vom sozialen Hintergrund der Familie abhängig. Untersuchungen zeigten, dass Kinder aus sozial schwachen Familien weniger aktiv, gesundheitlich stärker beeinträchtigt und weniger häufig Vereinsmitglied sind, sowohl im Sport als auch im Bereich Kultur.

Sport ist auch Integration

Stephan Mayer (CSU), Parlamentarischer Staatssekretär beim zuständigen Bundesinnenministerium, betonte die Bedeutung des Sports für die Integration von Migranten. „Wenn sich am Ende auf dem Fußballplatz ein Syrer und ein Iraner auf Deutsch anpflaumen, ist das aus meiner Sicht im besten Sinne gelungene Integration durch den Sport“, sagte er.

Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Alfons Hörmann, hob die gesellschaftliche Bedeutung der Sportvereine hervor: „Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im Sportverein ist gelebte Wertevermittlung.“ Dort lernten die Kinder die Anerkennung von Regeln, Teamplay, den Umgang mit Sieg und Niederlage, Fairness und soziales Miteinander.

Die Untersuchungsreihe wird durch die Krupp-Stiftung finanziert. Der erste Kinder- und Jugendsportbericht erschien 2003. Die Berichte sollen den gegenwärtigen Wissensstand zur sportlichen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland abbilden. (dpa)

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