Niedersachsen

12 Maßnahmen sollen die Arztversorgung sichern

Die niedersächsische Landesregierung will mit diversen Maßnahmen die ärztliche Versorgung sichern. Doch die Ideen stoßen beim Hartmannbund (HB) auf wenig Begeisterung.

Von Anne Zegelman Veröffentlicht:

HANNOVER. Mit einem Maßnahmenkatalog will die schwarz-rote Landesregierung der hausärztlichen Versorgung in Niedersachsen auf die Sprünge helfen. Die beiden Fraktionen haben dazu einen Entschließungsantrag zur flächendeckenden Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung formuliert und in den Landtag eingebracht. In dem Antrag, der bei der Plenarsitzung am 23. August in erster Lesung beraten und anschließend in den Gesundheits- und den Finanzausschuss überwiesen wurde, stellen die beiden Fraktionen zwölf Maßnahmen vor, die ihrer Meinung nach zu ergreifen seien.

Es sei "wichtig, ausreichend Ärztinnen und Ärzte auszubilden und ihnen frühzeitig während des Studiums die interessanten Perspektiven in einer Praxis zu vermitteln. Anreize, Entlastungen und Bürokratieabbau sollen diese Maßnahmen zur Sicherstellung einer wohnortnahen Versorgung unterstützen", heißt es in dem Papier.

Verhaltene Reaktion

Der Hartmannbund Niedersachsen reagierte verhalten auf die Vorschläge. Die Vorsitzende Professor Anke Lesinski-Schiedat sagte dazu, so sehr ihr Landesverband begrüße, dass sich die Regierungsfraktionen mit der hausärztlichen Versorgung auseinandersetze und einen Maßnahmenkatalog vorschlage, so sehr müsse der Hartmannbund Niedersachsen feststellen, dass die Priorisierung in keinem Falle der Dringlichkeit der Herausforderung gerecht werde. Außerdem gehe die eine oder andere Überlegung fehl.

"Richtig ist: Es müssen mehr Studienplätze geschaffen werden", so Lesinski-Schiedat, "doch erstens wirkt diese Maßnahme – wie die Landarztquote – frühestens in elf oder zwölf Jahren und zweitens erfordern mehr Studienplätze auch mehr Ausbildungsressourcen, sprich nicht nur Räume und Materialien, sondern auch ausbildende Ärzte." Um schnellere Effekte zu erziehen, bedürfe es daher rasch "eines sinnvollen und intelligenten Konzeptes".

Therapie von Einzelsymptomen?

Ärztliche Leistungen müssten weiterhin in der Verantwortung des Arztes bleiben – darauf hätten die Versicherten zurecht einen Anspruch, so die Landeschefin. Die Versorgung könne in Ermangelung von ausreichend ärztlichem Personal daher nur sichergestellt werden, wenn die Telemedizin umgehend strukturell sinnvoll zum Einsatz komme und entsprechende Maßnahmen nicht nur in der pflegerischen Versorgung finanziert würden. "Dieser wichtige Punkt darf nicht an vorletzter Stelle stehen!"

Grundsätzlich dürfe sich der Lösungsansatz der Politik nicht in der Therapie identifizierter Einzelsymptome ohne Anamnese der Gesamtproblematik erschöpfen. "Eine hausärztliche Niederlassung in der Fläche macht nur Sinn, wenn das Land strukturelle Anreize für die gesamte Bevölkerung – also nicht nur für Ärztinnen und Ärzte! – schafft, damit ein Leben im ländlichen Raum für viele Menschen attraktiv ist", findet Lesinski-Schiedat. Andernfalls sei eine Hausarztpraxis auf Dauer kaum wirtschaftlich zu betreiben.

In keinem Falle dürfe man in dieser Situation auf die Substitution ärztlicher Leistungen setzen. "Wir müssen verhindern, dass die Bevölkerung des Landes künftig mit unterschiedlicher medizinischer Qualität versorgt wird."

Stattdessen könnten auch hier telemedizinische Delegationsmodelle helfen, Entfernungen zu überwinden und gleichzeitig eine hohe Qualität an medizinischer Versorgung zu gewährleisten. "Das muss in einem Hochtechnologieland wie Deutschland doch möglich sein!" Dass Deutschland hingegen eine deutlich schlechtere Netzabdeckung für mobiles Internet hat als beispielsweise Bulgarien oder Litauen, sei ein kaum zu glaubendes Armutszeugnis. Lesinski-Schiedat fordert die Landtagsabgeordneten auf, dies im Hinterkopf zu behalten, wenn es in ihren Wahlkreisen um den Internet-Ausbau geht.

Erst kurz zuvor hatte es Streit um die Landarztquote gegeben, zu der die Landesregierung noch keine klare Position gefunden hat.  Der Landesvorsitzende des Marburger Bundes Hans Martin Wollenberg hatte in einem offenen Brief an Landesgesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) und Wissenschaftsminister Björn Thümler (CDU) seinem Unmut Ausdruck verliehen (die "Ärzte Zeitung" berichtete). "Wir fordern Sie auf, darauf hinzuwirken, dass in Niedersachsen keine kurzsichtige Landarztquote eingeführt wird, sondern wirksame Strategien zur Sicherung der medizinischen Versorgung entwickelt werden."

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