Festakt in Berlin
70 Jahre KBV: Gassen wirbt für praxisnahe Versorgung anstelle von Reißbrett-Politik
Die Kassenärztlichen- und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen fordern von der Gesundheitsministerin zum Jubiläum mehr Freiräume bei der Gestaltung der Versorgung ein. Ein prominenter Festredner warnt vor Übergriffen der Politik.
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„Geben Sie uns die Freiheit zurück“, forderte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), beim Festakt zum 70-jährigen Bestehen der KBV in Berlin. (Archivbild)
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Berlin. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) macht sich in einem aktuellen Positionspapier für die Freiberuflichkeit in der ambulanten Versorgung stark. In dem anlässlich des 70. Jahrestages ihrer Gründung aufgelegten Papier betonen die Autorinnen und Autoren von KBV und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) die Bedeutung fachlicher Unabhängigkeit und persönlicher Verantwortung für „Vertrauen und Kontinuität in der Versorgung“.
Eigenverantwortung brauche aber auch Gestaltungsfreiräume, fordern die Vertreter von KBV und KZBV. Die Vorstandsvorsitzenden der Körperschaften Dr. Andreas Gassen (KBV) und Martin Hendges (KZBV) brachten dies bei einer Feierstunde am Dienstag im Französischen Dom zu Berlin zum Ausdruck.
„Geben Sie uns die Freiheit zurück, die wir brauchen“, wandte sich Gassen an die Bundesgesundheitsministerin, die allerdings krankheitsbedingt abwesend war. Das Prinzip der Selbstverwaltung drücke sich auch im Vertrauen einer Regierung in die Kraft der Selbstregulierung aus. Und es sei ein Versprechen, den Selbstverwaltern freie Hand zu lassen.
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„Wir wollen nicht nur verwalten, sondern auch gestalten“, forderte Gassen ein. Die Ärzteschaft habe die Lösungen für eine praxis- und patientennahe Versorgung, die zudem nicht am Reißbrett der Politik entworfen worden seien.
Dass die Politik die Selbstverwaltung an der einen oder anderen Stelle auszuhebeln versucht, darauf verwies der ehemalige Vorsitzende Richter am Bundessozialgericht Professor Ulrich Wenner in seinem Festvortrag. Indizien seien das Regieren per Rechtsverordnung und kurze Fristen, binnen derer die Selbstverwaltung komplexe Regelungen in der Versorgung implementiert haben solle. Man müsse in diesen Fällen daran zweifeln, dass der Gesetzgeber tatsächlich die Beteiligung der Ärzteschaft suche.
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Die Kassenärztliche Bundesvereinigung ist 1955 als Körperschaft des öffentlichen Rechts gegründet worden. Die rechtliche Basis hatte der Bundestag am 17. August 1955 mit der Verabschiedung des Kassenarztrechtsgesetz geschaffen. Vorläufer war die Kassenärztliche Vereinigung Deutschlands (KVD). Diese wiederum war aus den regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen hervorgegangen, die 1931 unter Beteiligung des Hartmannbundes gebildet worden waren. (af)