Chancengleichheit

"Abgeschriebene Kinder"

Die Schule soll es richten: Wissenschaftler mahnen bessere Chancen für sozial benachteiligte Kinder an.

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BERLIN. Die Startchancen von etwa einem Fünftel aller Kinder sind bereits beim Eintritt in die Schule schlecht, weil sie eine unzureichende vorschulische Entwicklungsanregung erlebt haben. Und auch der Schule gelingt es zumeist nicht, diese Kinder "in die Gesellschaft zurückzuholen."

Auf diese Mängel haben Professor Peter Paulus aus Lüneburg und Professor Heinrich Ricking aus Oldenburg in einem vom Deutschen Kinderbulletin veranstalteten Pressemeeting in Berlin hingewiesen.

Betroffen sind insbesondere diejenigen 15 bis 20 Prozent der "abgeschriebenen" Kinder und Jugendlichen, die in Familien mit Armut und Bildungsferne leben.

Ihre Chancen, im Laufe der Schulzeit noch zu stabilen, kenntnisreichen und sozial handelnden Mitgliedern der Gesellschaft heranzureifen, seien gering, heißt es im Kinderbulletin.

Paulus beklagte, dass viel zu starre Rahmenpläne an den Lebenswirklichkeiten der Kinder vorbeigingen und individuelle Förderungen auf der Strecke blieben. Paulus lehrt pädagogische Psychologie an der Universität Leuphana in Lüneburg.

Nach Ansicht von Ricking trage dies dazu bei, dass ein großer Teil dieser Jugendlichen die Schule ohne einen Abschluss verlassen müsse. Sie würden dann in oft kostenintensiven und nur bedingt erfolgreichen Wiedereingliederungsprogrammen "geparkt".

Lebenswirklichkeiten im Fokus

Nach Ansicht von Dr. Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, könne dieses Problem "mit den Mitteln der Medizin nicht therapiert werden." Schule müsse heute deshalb viel mehr auf die Sozialräume - also die Lebenswirklichkeiten der Kinder und Jugendlichen - zugeschnitten werden", forderte Ricking, der sich an der Universität Oldenburg mit "Schulabsentismus" beschäftigt.

Derzeit mangele es vor allem an kompetenzbezogenen, betreuten Angeboten, die den Interessen der Schüler entsprechen. Gerade an Nachmittagen wären viele Schüler häufig auf sich allein gestellt und liefen Gefahr, sich problematischen Peer-Groups anzuschließen.

Hier müsse die Schule mehr praktische Tätigkeitsmöglichkeiten als "Lernaktivitäten im Sozialraum" anbieten, fordern die Autoren des " Kinderbulletin."

Die Schule der Zukunft sollte sich nahtlos an das Konzept der modellhaften Familienzentren anschließen, die frühe Unterstützung für Familien und ihre Kinder in der Vorschulzeit anbieten. Allerdings sei auch dieses spezielle Angebot immer noch unzureichend. (ras)

Weitere Informationen: www.deutsches-kinderbulletin.de

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