Versorgung psychisch Kranker

Ärzte und Therapeuten Hand in Hand

Ob psychisch kranke Patienten tatsächlich die für sie richtige Versorgung erhalten, hängt bislang zu häufig von Zufällen ab. Ein von KBV und Verbänden entwickeltes Vertragsmuster setzt auf Koordination und Kooperation. Jetzt sind die Kassen am Zug.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Nach dem KBV-Vertragskonzept sind alle teilnehmenden Leistungserbringer an der Koordination der Versorgung beteiligt.,

Nach dem KBV-Vertragskonzept sind alle teilnehmenden Leistungserbringer an der Koordination der Versorgung beteiligt.,

© fotomek / fotolia.com

BERLIN. Mehr Kooperation von ambulant tätigen Ärzten und Psychotherapeuten soll die Versorgung von Patienten mit psychischen und neurologischen Erkrankungen verbessern.

Das ist das Ziel eines neuen Versorgungskonzepts aus der Vertragswerkstatt der KBV.

Erstmals werde mit dem Vertragsmuster ein gemeinsamer Versorgungsauftrag der beteiligten psychotherapeutischen und ärztlichen Verbände definiert, heißt es in einer Mitteilung der KBV.

Ermöglichen soll der Mustervertrag unter anderem einen besseren Zugang zur Akutversorgung, eine psychotherapeutische Terminsprechstunde und das Angebot von Kurzzeittherapien.

Qualitätszirkel und Netzleistungen sollen gefördert und regionale Selbsthilfe-Angebote einbezogen werden. An der freien Arztwahl des Patienten wird nicht gerüttelt.

Konkrete zeitliche Vorgaben, in welcher Frist ein Patient konsiliarisch beim Facharzt oder Psychotherapeuten vorgestellt werden muss, enthält der Vertragsentwurf nicht.

Nicht nur Hausärzte koordinieren

Vertragswerkstatt

Die KBV-Vertragswerkstatthat in den vergangenen Jahren bislang 17 Versorgungsverträge für bestimmte Zielgruppen oder Krankheitsbilder entwickelt.

Ein Fokus liegt dabei auf chronischen und geriatrischen Erkrankungen. Beispiele sind Vertragskonzepte für ADHS, die ambulante geriatrische Komplexbehandlung oder Rheumatoide Arthritis.

Gesetzliche Grundlage ist Paragraf 73c SGB V (Besondere ambulante ärztliche Versorgung).

Definiert werden dabei insbesondere die Aufgaben und die Vernetzung der verschiedenen Versorgungsebenen.

Die Aufgaben der Hausärzte betreffen neben der Identifizierung, Diagnostik und Therapie der Patienten insbesondere deren "kontinuierliche Betreuung und Begleitung".

Dabei kommt Hausärzten keine alleinige Koordinationsfunktion im Versorgungsgeschehen zu. Diese könne vielmehr "situativ angepasst" bei Hausärzten, Fachärzten oder Psychotherapeuten liegen, heißt es.

Bei Fachärzten wird zwischen der koordinativ-fachärztlichen Versorgung und der kooperativ-konsiliarischen Versorgung unterschieden.

Im ersten Fall koordiniert der Facharzt alle weiteren konsiliarischen Maßnahmen oder adjuvante Therapien, also etwa die häusliche Fachkrankenpflege oder die Soziotherapie.

Die kooperativ-konsiliarische Versorgung ist dann gefragt, wenn ein Hausarzt oder Psychotherapeut erstmals bei einem Patienten eine neurologische oder psychische Erkrankung feststellt - dann soll eine konsiliarische Vorstellung bei einem Facharzt erfolgen.

Die Koordination hingegen bleibt in diesem Fall Sache des Überweisers. Am Vertrag teilnehmende Fachärzte müssen beide Versorgungsaufgaben - also konsiliarische Beurteilung und koordinative Versorgung wahrnehmen.

Für die psychotherapeutische Versorgungsebene gelten wie für Fachärzte die gleichen Aufgabenfelder, einerseits die koordinative, andererseits die konsiliarische Versorgung.

Die beteiligten Fachgruppen sollten eine Kommunikationsstruktur vereinbaren, bei der die zeitnahe wechselseitige Information sichergestellt ist.

Der Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten bezeichnete das Vertragsmuster "als entscheidenden Schritt für eine Kooperation all der Arztgruppen, die psychisch Kranke behandeln".

Der stellvertretende bvvp-Vorsitzende, Jürgen Doebert betonte, bisher hänge die gute Kooperation in den Praxen vor Ort vom "Idealismus der Beteiligten" ab.

Hier solle der Vertrag bessere Verhältnisse schaffen, indem eine Vergütung für Koordinierungs- und Kooperationsleistungen vorgesehen ist.

Vielzahl von Verbänden beteiligt

Erarbeitet haben das Versorgungskonzept neben der KBV der Berufsverband Deutscher Nervenärzte, der Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten, die Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung, der Berufsverband der Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Deutschlands, der Berufsverband Deutscher Psychiater und der Berufsverband Deutscher Neurologen.

Ob das Vertragsmuster tatsächlich in Vereinbarungen zwischen Kassen und Verbänden oder KVen mündet, ist ungewiss. Bislang sind die in der KBV-Vertragswerkstatt entwickelten Vorlagen überwiegend in den Schubladen stecken geblieben.

Eine Ausnahme ist beispielsweise das Vertragsmuster zur Versorgung von Kindern mit ADHS. Seit April 2009 wird das Versorgungsprogramm durch Betriebskrankenkassen und die KV Baden-Württemberg im Südwesten angeboten.

Seit 2012 stellt auch die DAK Gesundheit dieses Versorgungsangebot ihren Versicherten zur Verfügung.

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Kommentare
Beate Schicker 20.01.201507:23 Uhr

Sind Ärzte keine Therapeuten?

Die Überschrift ist unglücklich gewählt. In der Laienpresse wird oft aus Unkenntnis zwischen Ärzten einerseits und Therapeuten andererseits unterschieden. Sind Ärzte keine Therapeuten? Sie müssten es doch besser wissen.

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