Ärztemangel ist Thema im Berliner Wahlkampf

Die Zukunft der Uniklinik Charité, der Mangel an Fachärzten in einigen Bezirken: Bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin geht es auch um gesundheitspolitische Themen - selbst wenn sie nicht immer im Zentrum des Interesses stehen.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
CDU? SPD? Berlin steht im Zeichen der Wahlen zum Abgeordnetenhaus.

CDU? SPD? Berlin steht im Zeichen der Wahlen zum Abgeordnetenhaus.

© Steinberg / dpa

BERLINS. Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) stellt sich zum zweiten Mal zur Wiederwahl. Sein Lächeln auf den Wahlplakaten wirkt in Anbetracht der Umfrageergebnisse siegessicher. Die CDU muss ihre Position als zweitstärkste Partei gegen die Grünen verteidigen.

 Rot-grüne Koalition nicht ausgeschlossen

Laut Umfragen gewinnen die Grünen deutlich, während Wowereits aktueller Koalitionspartner Die Linke mit Spitzenkandidat Harald Wolf Stimmen einbüßt. Eine rot-grüne Koalition ist mithin nicht ausgeschlossen.

Allerdings sind noch knapp die Hälfte der Wähler unentschieden. Davon könnten schließlich auch die kleinen Parteien profitieren. Allen voran hat die Piratenpartei Chancen auf einen Einzug ins Abgeordnetenhaus. Dagegen muss sich die FDP den Umfragen zufolge nach der Fünf-Prozent-Hürde strecken.

22 Parteien stellen sich zur Wahl

Fast 2,5 Millionen Berliner sind aufgerufen, am 18. September das Abgeordnetenhaus zu wählen. Mindestens 130 Sitze werden dort neu vergeben. Derzeit gehören 149 Abgeordnete dem Berliner Landesparlament an.

Aus den 78 Wahlkreisen kommt je ein Abgeordneter als Direktkandidat ins Parlament. Weitere Sitze werden über die Listenwahl vergeben. Dafür stellen sich 22 Parteien zur Wahl.

Bei der letzten Wahl 2006 zogen SPD, CDU, Grüne, Linke und FDP ins Abgeordnetenhaus ein. Die Wahlbeteiligung lag bei 58 Prozent (2001: 68). Auch die Bezirksverordnetenversammlungen werden neu gewählt.

Opposition fordert mehr Gestaltungswillen

Bei dieser Ausgangslage ist dahin gestellt, ob Katrin Lompscher (Linke) weiterhin die Gesundheitspolitik der Hauptstadt verantwortet. Die fachfremde Politikerin hat sich nach Meinung ärztlicher Standesvertreter im Lauf ihrer knapp fünfjährigen Amtszeit zwar in die Materie eingearbeitet.

Herausragende Entscheidungen hat sie jedoch lieber in anderen Bereichen ihres Amtes als Senatorin für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz gefällt. Die Opposition warf ihr wiederholt mangelnden Gestaltungswillen mit Blick auf die Kliniklandschaft in Berlin vor.

Als aktuelles Beispiel dient das Landeskrankenhausgesetz. Die geplante Umstellung der Investitionsförderung auf Pauschalen wurde zuletzt doch nicht beschlossen.

Finanzierung der Krankenhäuser bleibt Großbaustelle

Die Finanzierung der mehr als 70 Krankenhäuser in Berlin bleibt also auch für die nächste Legislaturperiode die gesundheitspolitische Großbaustelle. Die klammen Landesfinanzen haben zu einem Investitionsstau geführt, der auf mindestens 800 Millionen Euro geschätzt wird.

Der jährliche Investitionsbedarf ist selbst nach Senatsangaben mehr als doppelt so hoch wie die tatsächlichen Fördermittel. Dabei ist die Uniklinik Charité noch nicht berücksichtigt. Zwar hat der rot-rote Senat für die Investitionen der Charité vergangenes Jahr mehr als 300 Millionen Euro extra zur Verfügung gestellt.

Doch diese einmalige Geldspritze löst nicht die anhaltenden Finanzierungsprobleme von Europas größter Uniklinik.

Aufgabe der Landesregierung in den nächsten fünf Jahren wird es daher sein, eine dauerhaft tragfähige Lösung zu finden. Im Gespräch ist eine Kofinanzierung durch den Bund. Dazu bringt die CDU sich mit einem Stiftungs-Modell in den gesundheitspolitischen Wahlkampf ein, während die SPD auf Forschungsförderung im Zusammenschluss mit dem Max-Delbrück-Zentrum setzt.

Künftiger Berliner Senat vor großen Aufgaben

Der künftige Berliner Senat steht jedoch auch in vielen anderen Bereichen vor großen Aufgaben. Brennende Autos, kaputte S-Bahnen, marode Schulen, rasant steigende Mieten, der neue Großflughafen und die Stadtautobahn sind die zentralen Themen, mit denen die Parteien im Wahlkampf ihr Profil schärfen.

Daneben gewinnt ein Thema an Bedeutung, von dem kaum einer meinen würde, dass es in Berlin ein Problem darstellt: Ärztemangel. In manchen Bezirken - allen voran Marzahn-Lichtenberg und Neukölln - klagen die Bewohner immer lauter über einen Mangel an Fachärzten vor Ort.

Aus dem ganzen Stadtgebiet kommen Klagen über zu lange Wartezeiten bei Fachärzten.

Unterversorgung ist Thema in Wahlprogrammen

Die Kassenärztliche Vereinigung hat bereits bestätigt, dass dieser gefühlte Mangel seine Berechtigung hat. Berlin sei längst nicht mehr überversorgt. Das Thema hat es jedenfalls in die Wahlprogramme der Parteien geschafft und zum Teil sogar auf die Plakate.

Ärztemangel lässt sich auch in der Berliner Politik diagnostizieren. Es gibt kaum Ärzte in den Parteien, die sich Chancen auf einen Einzug ins Abgeordnetenhaus ausrechnen dürfen. Eine Ausnahme ist der Klinikarzt Dr. Wolfgang Albers.

Er hat seit 2006 das Amt des gesundheitspolitischen Sprechers für die Fraktion der Linken inne und gehört der Parteispitze an. Für die CDU kandidiert der niedergelassene Nuklearmediziner Dr. Conrad Felgner. Die Liste der FDP in Pankow führt Dr. Christoph Dietrich an. Weder bei der SPD noch bei den Grünen kandidieren Ärzte mit Aussicht auf Erfolg.

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