"Allgemeinärztin werden - warum eigentlich nicht?"

Eine "Summer School" soll bundesweit bei Medizinstudenten das Interesse an Allgemeinmedizin wecken. An der Uni Freiburg wurde das Konzept jetzt erfolgreich getestet.

Christoph FuhrVon Christoph Fuhr Veröffentlicht:
So funktioniert die Sonografie - Übungen im Skills Lab der Uni Freiburg.

So funktioniert die Sonografie - Übungen im Skills Lab der Uni Freiburg.

© Christoph Fuhr (5 Bilder)

FREIBURG. Sie sind aus allen Teilen Deutschlands von vielen Unis gekommen, 24 Medizinstudentinnen in klinischen Semestern, dazu vier männliche Kommilitonen. Sie haben 75 Euro gezahlt für ein pädagogisches Programm, das vertraut machen soll mit der Arbeitswelt der Allgemeinmedizin.

Die Summer School an der Uni Freiburg hatte vorletzte Woche für vier Tage erstmals ihre Pforten geöffnet, nächstes Jahr soll es an einer anderen Uni eine Neuauflage geben. Professor Jean-François Chenot, kommissarischer Direktor Allgemeinmedizin an der Uni Göttingen, gehört zum Vorbereitungsteam. Es gab 100 Bewerbungen, berichtet er, wer überzeugende Begründungen für eine Teilnahme geliefert hat, ist mit dabei - aber auch der geografische Proporz wird berücksichtigt.

Summer School - strammes Arbeiten, Kontakte knüpfen

Summer School 2012 geplant

28 Medizinstudenten im klinischen Studienabschnitt mit Interesse an Allgemeinmedizin waren zur Summer School nach Freiburg eingeladen. Geworben wurde an allen Medizin-Fakultäten in Deutschland. In diesem Jahr organisiert wurde die Veranstaltung von den Abteilungen für Allgemeinmedizin der Unis Freiburg, Göttingen und Bochum. Die Gesellschaft der Hochschullehrer für Allgemeinmedizin, der Deutschen Hausärzteverband und der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM) haben die Summerschool unterstützt. Eine Neuauflage ist für das kommende Jahr geplant.

Vier Tage Summer School, das bedeutet strammes Arbeiten mit Freizeit zwischendurch, um Kontakte zu knüpfen. "Es geht um Vernetzung, die Teilnehmer sollen erfahren, dass sie mit ihrem Interesse an Allgemeinmedizin alles andere als Exoten sind", erläutert Chenot. Letzendlich soll aber auch das Interesse für den Hausarztberuf geweckt werden, der bei vielen Studenten offenbar nicht mehr besonders populär ist.

In vielen Seminaren erhalten die Studenten Botschaften, die für den Berufsalltag unerlässlich sind: "Man holt Patienten mit ins Boot, beteiligt sie an Entscheidungen, macht sie mitverantwortlich", erklärt etwa Dr. Klaus Böhme, Lehrkoordinator Allgemeinmedizin der Uni Freiburg."Als Arzt von der Kanzel zu predigen ist keinen Option."

Und Dr. Michael Klock, Hausarzt in Siegen und Lehrbeauftragter an der Ruhr Uni Bochum, weist auf eine Klippe hin, die im Berufsalltag unter allen Umständen zu umschiffen ist: "Suchen Sie sich für die Gestaltung ihrer Freizeit unbedingt etwas anderes als Medizin", sagt er, "es gibt auch ein Leben nach der Sprechstunde!"

Patient kollabiert - reagieren Sie!

"Patient" im Warteraum kollabiert: Reanimieren!

Am vorletzten Tag stehen Übungen für die Hausarztpraxis im Skills-Lab der Uni auf dem Programm. Skills-Labs sind speziell ausgestattete Unterrichtsräume, in denen ärztliche Fertigkeiten unter simulierten Bedingungen geübt werden. Konkreter Arbeitsauftrag der Dozentin: Ein Patient ist im Warteraum kollabiert, die Übungspuppe liegt mitten im Raum.

"Bitte reagieren Sie!" "Ach so, ich muss jetzt Ärztin sein", sagt eine Studentin und organisiert ruckzuck Hilfe. Die Manöverkritik hinterher fällt positiv aus, die Aufgabe wurde gut gelöst.

Der Skills-Raum nebenan ist mit sonografischen Geräten ausgestattet. "Wie finde ich die Gallenblase", fragt Professor Chenot und hilft bei der Arbeit, "tiefer ansetzen, sonst funktioniert's nicht". Die Gesichter der Studenten verraten: das macht Spaß.

Wie lässt sich die Arbeit als Hausärztin mit künftigen Familienplanungen vereinbaren? Auch dazu gibt es in der Summer School einen eigenen Themenblock. Dr. Anne Simmenroth von der Uni Göttingen weiß aus eigener Erfahrung, dass Handlungsspielräume für Ärztinnen mit Kindern im ambulanten Bereich deutlich besser sind als etwa in der Klinik. Sie ist schon im Studium Mutter von Zwillingen geworden, berichtet über schwierige Zeiten während der Ausbildung und lässt dennoch keinen Zweifel: "Ich würde das wieder so machen."

Am Ende ist Manöverkritik angesagt

Stefanie Goldammer, Uni Gießen, 9. klinisches Semester, zieht eine positive Bilanz. "Ich bin jetzt sicher, dass ich Allgemeinmedizin machen möchte, frage mich allerdings, warum wir das, was wir hier gelernt haben, nicht an der Uni vermittelt bekommen."

Auch Anneke Behrens von der Uni Göttingen hat viel gelernt: "Die Ärzte hier haben Ängste genommen", sagt sie, "auch vor einer möglichen Niederlassung als Hausärztin."

Nils Jacobsen schließlich - auch er Medizinstudent in Göttingen - macht Komplimente: "Den Dozenten hier ist eines deutlich anzumerken: Sie haben Freude an ihrem Beruf."

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