Angespannte Finanzen

Auch soziale Pflegeversicherung verzeichnet Milliardendefizit

Nach der Gesetzlichen Krankenversicherung vermeldet auch die soziale Pflegeversicherung ein dickes Minus. Das aktuelle Defizit lässt sich mit Rücklagen noch stopfen – doch was passiert Ende 2022?

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Pflegeversicherung: Mit blauem Auge davongekommen, aber trotzdem kurz vor den roten Zahlen.

Pflegeversicherung: Mit blauem Auge davongekommen, aber trotzdem kurz vor den roten Zahlen.

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Berlin. Anfang der Woche meldeten die gesetzlichen Krankenkassen für das zurückliegende Jahr ein Rekorddefizit von weit über fünf Milliarden Euro – jetzt kommen auch von der kleinen Schwester der GKV, der sozialen Pflegeversicherung (SPV), schlechte Nachrichten. Zwar sei die Pflege 2021 finanziell noch einmal mit einem „blauen Auge“ davongekommen, sagte der stellvertretende Vorsitzender des GKV-Spitzenverbands, Gernot Kiefer, diese Woche dem Nachrichtenportal „ThePioneer“.

Aber der Ausblick ist wenig erbaulich. Die Pflegekassen schlössen 2021 mit einem Defizit in Höhe von 1,35 Milliarden Euro ab, sagte Kiefer. Dieses Loch lasse sich „gerade noch so“ mithilfe von Rücklagen stopfen. „Es ist nur noch die gesetzliche Mindestreserve übrig. Damit ist das Ende der Fahnenstange erreicht“, warnte Kiefer.

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Corona verschärft die Finanzlage

Auf die Beitragszahler der Pflegeversicherung kämen bereits bis Ende März 2022 pandemiebedingte Mehrbelastungen von mehr als vier Milliarden Euro zu. Zu diesen Sonderausgaben gehörten der Pflege-Rettungsschirm und die Testverordnungen der Jahre 2020 bis 2022. Dieses Geld fehle der SPV schmerzhaft.

Nach Schätzungen des Kassenverbands ist für das laufende Jahr ein Pflegedefizit von rund 2,5 Milliarden Euro zu erwarten – darin seien weitere Reformmaßnahmen sowie eine Verlängerung des Rettungsschirms und der Testaufwendungen über den März hinaus noch nicht eingepreist. Passiere seitens der Politik nichts, wäre eine Beitragssatzanhebung um 0,2 Beitragssatzpunkte unausweichlich.

Außer der Erstattung pandemiebedingter Mehrausgaben wollen Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die Ampelkoalition die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige dauerhaft über Steuermittel finanzieren. Das würde der Pflegeversicherung dieses Jahr zusätzlich Luft verschaffen und könnte auch 2023 eine „erhebliche Finanzstabilisierung“ bewirken, sagte Kiefer.

Beiträge allein reichen nicht

Um absehbar höhere Kosten aufzufangen, will die Koalition zudem den Beitragssatz „moderat“ anheben. Zuletzt war der Satz für kinderlose Versicherte gestiegen. Auch hatte die Koalition aus Union und SPD 2021 erstmals einen jährlichen Steuerzuschuss zur Pflege in Höhe von einer Milliarden Euro beschlossen.

Der Verband der Ersatzkassen hatte die Ampelparteien zuletzt aufgerufen, bei ihren Finanzierungsplänen die Pflege betreffend „konkreter“ zu werden. Allein könnten die Beitragszahler die Finanzlasten nicht tragen, „sie müssen auf mehrere Schultern verteilt werden“, hatte der Verband an die Regierung adressiert. (hom)

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