Stellungnahme

BÄK drängt auf Nachbesserungen am geplanten Triage-Gesetz

Wie sind Intensivbetten zuzuteilen, wenn Behandlungsressourcen in Pandemiezeiten knapp werden? Der Referentenentwurf des BMG bleibe viele Antworten darauf schuldig, kritisiert die Bundesärztekammer.

Veröffentlicht:
Triage ist eine Extremsituation für das Personal auf Intensivstationen. Die Ampel-Koalition bereitet ein Gesetz vor, um zum Beispiel Menschen mit Behinderung vor Benachteiligung zu schützen.

Triage ist eine Extremsituation für das Personal auf Intensivstationen. Die Ampel-Koalition bereitet ein Gesetz vor, um zum Beispiel Menschen mit Behinderung vor Benachteiligung zu schützen.

© Sebastian Gollnow / dpa / picture alliance

Berlin. Die Kritik am geplanten Triage-Gesetz der Ampel reißt nicht ab. Die Bundesärztekammer (BÄK) erklärte am Montag, der vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) vorgelegte Referentenentwurf weise „deutlichen Nachbesserungsbedarf“ auf.

In ihrer Stellungnahme bemängelt die BÄK, dass das vorrangige Ziel, genügend Behandlungskapazitäten auf Intensivstationen zu schaffen, um es erst gar nicht zu Triagierung kommen zu lassen, in der Begründung des Gesetzentwurfs nur „kurz“ aufgegriffen werde. Zudem bleibe offen, wem die Entscheidung obliege, wann eine die Triage rechtfertigende Ausnahmesituation vorliege und wann nicht.

Kann nur um pandemiebedingte Ausnahme gehen

Bereits im Normtext sei daher klarzustellen, dass sich eine Triage-Regelung ausschließlich auf die pandemiebedingte Ausnahmesituation beschränke, die Gegenstand der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gewesen sei, betonte BÄK-Vizepräsidentin Dr. Ellen Lundershausen. Die Karlsruher Richter hatten dem Gesetzgeber Ende 2021 aufgetragen, unverzüglich Vorkehrungen zu treffen, damit Menschen mit Behinderung bei der Zuteilung entsprechender Ressourcen nicht benachteiligt werden.

Lesen sie auch

Mit dem im Referentenentwurf vorgesehenen Ausschluss einer Ex-post-Triage würde das Gesetz überdies nur angewendet, wenn zwei Patienten zeitgleich eine intensivmedizinische Behandlung bräuchten, heißt es in der Stellungnahme der BÄK. Dabei wäre unerheblich, worin die Notwendigkeit der Behandlung begründet sei. So könne die Ursache sowohl in einer Infektionsbehandlung, einer postoperativen Überwachung, einem Unfall als auch einem Herzinfarkt oder Schlaganfall liegen.

Gesetzgeber muss klar Position für Ärzte beziehen

BÄK-Vize Dr. Günther Matheis betonte in diesem Zusammenhang, aus ärztlicher Sicht sei es zwingend nötig, „dass insbesondere Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen bei der Entscheidung über die Zuteilung intensivmedizinischer Ressourcen – wie alle anderen Patienten – weder benachteiligt noch bevorzugt werden.

Ärzte befänden sich bei der Zuteilung knapper Behandlungsressourcen stets in einem „moralischen Dilemma“, schreibt die BÄK. Treffe der Gesetzgeber nun Vorkehrungen zum Schutz von Menschen mit Behinderungen, dürfe er die Entscheidung darüber, ob sich Ärzte bei einer Triage rechtmäßig verhielten oder sie „nur kein individueller Schuldvorwurf“ treffe, nicht den Gerichten und der „rechtswissenschaftlichen Diskussion“ überlassen bleiben. Vielmehr habe sich der Gesetzgeber hier „eindeutig“ zugunsten der Ärzteschaft zu positionieren. Diesem Anspruch werde der Entwurf nicht gerecht.

Vergangene Woche hatte bereits der Marburger Bund den Entwurf für ein Triage-Gesetz als unzureichend kritisiert und sich insbesondere an der Streichung der Ex-post-Triage gestoßen. (hom)

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Compliance

DSGVO in der Arztpraxis: Wenn der Datenschutz den Daumen senkt

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

© Salesforce Germany GmbH

Value Based Healthcare

Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

Kooperation | In Kooperation mit: Salesforce Germany GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Let‘s talk about...

Tabuthema Sex: Wie spricht man es in der Sprechstunde an?

Blutzuckervariabilität

Wie die Time Below Range das Diabetes-Management verbessert

Lesetipps
Schwindel kann viele unterschiedliche Ursachen haben. Mit den richtigen Fragen kommt man aber zur richtigen Diagnose.

© Andrey Popov / stock.adobe.com

BAM-Kongress 2025

Schwindel in der Hausarztpraxis: Fünf Fragen zur Ursachenfindung

Prophylaktische Maßnahmen sind der beste Weg, um Infektionen bei Krebspatientinnen und -patienten zu verhindern. Während und nach ihrer Chemotherapie sind sie dafür besonders anfällig. (Symbolbild)

© RFBSIP / stock.adobe.com

Vorbeugen ist besser als heilen

Wie die Infektionsprophylaxe bei Krebspatienten gelingt