Türkei

BÄK schockiert über Ärzte-Kriminalisierung

Ein neues Gesetz in der Türkei könnte aus Ärzten, die Erste Hilfe leisten, Kriminelle machen. Die Bundesärztekammer und andere Verbände schlagen Alarm.

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Ein türkischer Demonstrant in Not: Ärzte dürfen nach dem neuen Gesetz in der Türkei nur bis zum Eintreffen der offiziellen Notfallkräfte helfen.

Ein türkischer Demonstrant in Not: Ärzte dürfen nach dem neuen Gesetz in der Türkei nur bis zum Eintreffen der offiziellen Notfallkräfte helfen.

© Nikola Mihov / dpa

NEU-ISENBURG. Die Bundesärztekammer (BÄK) stellt sich gegen ein neues Gesetz in der Türkei, das Ärzte extrem in ihrem Beruf behindern könnte.

"Dass in der Türkei bestimmte Aspekte der Notfallversorgung durch Ärzte kriminalisiert werden und Ärzte bei Zuwiderhandlung bestraft werden sollen, widerspricht zutiefst internationalen Menschenrechtsstandards und der ärztlichen Ethik", sagte BÄK-Präsident Professor Frank Ulrich Montgomery am Mittwoch in Berlin.

Am Freitag hat der türkische Staatspräsident Abdullah Gül ein Gesetz unterzeichnet, das Ärzte kriminalisieren könnte. Es schreibt vor, dass die ärztliche Notfallversorgung nur bis zum Eintreffen der offiziellen Notfallkräfte geleistet werden darf. Danach müssten die Ärzte die Erste Hilfe einstellen.

Artikel 46 des Gesetzes sieht bei Verstößen bis zu drei Jahre Haft und schwere Geldstrafen von umgerechnet bis zu 730.000 Euro vor. "Ärzte und andere Gesundheitsberufe werden so in einen Konflikt mit ihrer berufsethischen Verantwortung gebracht, Hilfebedürftigen und Verwundeten zu helfen", warnt Montgomery.

Auch die Menschenrechtsorganisation "Physicians for Human Rights" meldete sich jüngst zu Wort. Sie sieht in dem Gesetz eine Reaktion auf die Versorgung von Regierungsgegnern durch Ärzte während der Gezi-Park-Ausschreitungen 2013 und einen gezielten Versuch, die Ärzteschaft bei der medizinischen Hilfe von politischen Demonstranten zu verunsichern.

Montgomery appelliert an die Vernunft

Zusätzlich zur Verletzung internationaler Standards und medizinischer Ethik, kollidiere das Gesetz mit dem türkischen Strafgesetzbuch. Es sei Ärzten verboten ihrer Pflicht zur medizinischen Hilfeleistung nicht nachzukommen, heißt es auf der Internetseite der Organisation.

Die BÄK stellte sich am Mittwoch demonstrativ an die Seite der türkischen Ärzte. "Jede Regierung hat die Pflicht, Angehörige von Gesundheitsberufen bei ihrer Arbeit zu unterstützen und zu schützen", sagte Montgomery.

In mehreren Briefen sowie Pressemitteilungen habe sich die BÄK gemeinsam mit dem Türkischen Ärzteverband, dem Weltärztebund, dem Ständigen Ausschuss der Europäischen Ärzte, dem Britischen Ärzteverband und den "Physicians for Human Rights" gegen die Gesetzesvorhaben der Regierung in Ankara gewandt, heißt es in einer Mitteilung der BÄK.

Zuletzt wurde der türkische Präsident Gül Anfang des Jahres 2014 von der internationalen Ärzteschaft aufgefordert, das neue Gesundheitsgesetz nicht zu unterzeichnen.

Trotz der bereits erfolgten Unterzeichnung des Gesetzes appelliert Montgomery mit Nachdruck an die politische Vernunft der Verantwortlichen. Zu hoffen sei nun, dass das türkische Verfassungsgericht das Gesetz kippen wird. (mh)

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Kommentare
Dipl.-Med Peter Sturm 23.01.201414:43 Uhr

EU-Mitglied Türkei?

Hoffentlich hat inzwischen der letzte Politiker begriffen, daß die Türkei zumindest unter der jetzigen politischen Führung in der EU nichts zu suchen hat. Sind bei den Aufnahmekandidaten nicht schon ausreichend Fehler gemacht worden? Weshalb fragt man nicht in der gesamten EU den mündigen Bürger zu diesem Thema? Das Ergebnis wäre wahrscheinlich zu eindeutig...

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