Beim Werbeverbot für Arzneimittel bahnen sich in der EU neue Konflikte an

EU-Gesundheitskommissar Dalli hält trotz Widerstands an der geplanten Lockerung des Werbeverbots für Medikamente fest.

Von Thomas Friedrich Veröffentlicht:

BRÜSSEL. Die Diskussion um eine verbraucherfreundliche Patienteninformation für verschreibungspflichtige Arzneimittel auf europäischer Ebene tritt in die entscheidende Phase: Der neue EU-Gesundheitskommissar John Dalli beabsichtigt nicht, den umstrittenen Richtlinienentwurf von Ex-Industriekommissar Günter Verheugen über die Lockerung von Werbung für rezeptpflichtige Arzneimittel zurückzuziehen. Das Europäische Parlament (EP) will einen eigenen Vorschlag vorlegen und sich für verständliche und allgemein zugängliche Informationen im Interesse der Patienten aussprechen.

"Wir sind für mehr Information, aber ein Verbot für Werbung in Printmedien", sagt Peter Liese, CDU-Europaabgeordnete und gesundheitspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion. Die Mehrheit des Parlaments spreche sich für eine klare Trennung von Information und Werbung auch bei gesundheitsbezogenen Publikationen aus, erläuterte Liese.

Das Pharmapaket hat die EU-Kommission erstmals im Dezember 2008 vorgestellt. Außer einer Lockerung des Werbeverbots für rezeptpflichtige Arzneimittel umfasst es Neuregelungen zur Pharmakovigilanz und zur Bekämpfung von Arzneimittelfälschungen. Die Hersteller haben die Vorschläge überwiegend begrüßt (wir berichteten).

Im bisherigen Gesetzgebungsverfahren sei die Stimme der Patienten nicht ausreichend gewürdigt, sagte Martin Danner von der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe. "Es wird nicht nach dem Bedarf des Patienten gefragt". Es sei "skandalös", so Dr. Andreas Reimann von der Allianz Chronischer Seltener Krankheiten (ACHSE), dass die pharmazeutische Industrie regelmäßig Updates ihrer Arzneimittelinformationen an die europäische Genehmigungsbehörde EMEA schicke, diese Informationen aber nicht öffentlich zugänglich seien.

KBV-Vize Dr. Carl-Heinz Müller sieht durch unregulierte Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten bedroht. Der bisherige Beipackzettel löse eher Ängste beim Patienten aus und schaffe keine Sicherheit. Müller: "Es darf nicht sein, dass durch ungezügelte Werbung das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient belastet wird." Die Verbände stimmten mit dem CDU-Europaabgeordneten Liese überein, bei der Ausformulierung der EU-Richtlinie müssten die Patienteninteressen in den Mittelpunkt gerückt werden. Das Europäische Parlament will in Kürze Änderungsanträge vorlegen.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Diskussion um Wirkstoff nach Zulassungserweiterung

Nutzenbewertung: G-BA entscheidet für Evidenztransfer

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
AMNOG-Verfahren: Plädoyer für ein Update

© Springer Medizin Verlag GmbH

AMNOG-Verfahren: Plädoyer für ein Update

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
In Deutschland gibt es immer weniger klinische Forschung. Was Deutschland hingegen zu leisten imstande ist, zeigte sich zuletzt bei der COVID-19-Pandemie: mRNA-basierte Impfstoffe wurden schnell entwickelt und produziert.

© metamorworks / stock.adobe.com

Handlungsempfehlungen

Deutschland-Tempo statt Bürokratie-Trägheit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa)
Alexandra Bishop ist Geschäftsführerin von AstraZeneca Deutschland.

© AstraZeneca

Pharmastandort Deutschland

Deutlich mehr wäre möglich

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa)
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Sie fragen – Experten antworten

Impfung gegen Gelbfieber: Ist eine Auffrischung nötig?

Lesetipps
Der Rücken eines Mannes mit Gürtelrose zeigt Vesikel.

© Chinamon / stock.adobe.com

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung