Arndt Striegler bloggt

Brexit-Ärger: Leibarzt der Queen wirft das Handtuch

Der Tag des harten Brexits rückt näher und die Katerstimmung nimmt zu. Dazu passt, dass auch der Leibarzt der Queen seine noble Privatpraxis schließt, schreibt unser Londoner Blogger Arndt Striegler.

Arndt StrieglerVon Arndt Striegler Veröffentlicht:
Der Brexit und seine Folgen: Nicht nur Politiker verabschieden sich aus ihren Parteien aus Unzufriedenheit. Auch Mediziner ziehen die Reißleine – so schloss der Leibarzt der Queen.

Der Brexit und seine Folgen: Nicht nur Politiker verabschieden sich aus ihren Parteien aus Unzufriedenheit. Auch Mediziner ziehen die Reißleine – so schloss der Leibarzt der Queen.

© Rawpixel.com /stock.adobe.com

LONDON. Langsam wird es wirklich knapp. Wenn Großbritannien wie geplant zum 29. März noch einigermaßen ordentlich (und glimpflich) aus der EU austreten möchte, bleiben weniger als 40 Trage.

Und wo wir bei Zahlen sind: Jede Woche seit jenem historischen Tag im Juni 2016, als das Königreich zum Erstaunen und Entsetzen der restlichen Welt entschied, nicht mehr bei der EU mitmischen zu wollen, hat der Brexit die britische Wirtschaft wöchentlich rund 800 Millionen Pfund (umgerechnet rund 885 Millionen Euro) gekostet.

Dabei fällt mir spontan wieder jener rote Doppeldecker-Bus ein, den die hartgesottenen EU-Gegner wie der ehemalige britische Außenminister Boris Johnson in den Wochen vor der Abstimmung durch britische Städte haben fahren lassen. Darauf stand: Jede Woche würden dem britischen Gesundheitsdienst 350 Millionen Pfund mehr zur Verfügung stehen, wenn der Brexit vollendet sei.

Dabei rechneten Johnson und Co. milchmädchenhaft vor, was man angeblich an EU-Beiträgen sparen könn, um es anschließend in britische Krankenhäuser und Arztpraxen zu stecken. Das glaubten zwar damals schon nur wenige Ärzte auf der Insel. Doch bei den anderen Wählern zog das Versprechen – und Johnson und Co. gewannen ihren Kampf gegen die EU-Mitgliedschaft.

Sollte ich die allgemeine Stimmung und Gemütslage im Königreich rund vier Wochen vor dem Brexit-Day beschreiben, dann herrscht vielerorts Katerstimmung. Was zum einen damit zu tun haben mag, dass Regierungschefin Theresa May nach wie vor nichts Konkretes zurück aus Brüssel nach London gebracht hat. Und zum anderen liegt es auch an den eingangs erwähnten 800 Millionen Pfund pro Woche.

Viele fragen sich da verständlicherweise: Wenn das schon vor dem Brexit so teuer ist, wie soll es denn erst werden, wenn das Land tatsächlich draußen ist? Und die Forderungen nach einem zweiten Brexit-Referendum werden lauter und lauter.

Kündigungen wegen chaotischer Brexit-Politik

Zudem hat sich vor wenigen Tagen eine Handvoll Labour-Unterhausabgeordnete und auch einige Konservative offiziell aus ihren Parteien verabschiedet, um gegen die chaotische Brexit-Politik der Regierung und der Opposition zu protestieren. Es liegt Veränderung in der Luft – auch im Parlament. Die kommenden Tage dürften entscheidend werden, wie das Brexit-Abenteuer für die Briten und Europa ausgehen wird.

Für den 27. Februar wird im Unterhaus die entscheidende Abstimmung darüber erwartet, ob Theresa Mays Brexitplan eine parlamentarische Mehrheit hat oder nicht. Derzeit sieht es nicht gut aus für die Regierungschefin.

Einer, der nicht erst auf das Ergebnis dieser Abstimmung warten wollte, ist der Leibarzt von Königin Elizabeth II. Dr. Tim Evans, der seit Jahrzehnten die Königin hausärztlich betreut, schloss vor wenigen Tagen seine private Praxis im noblen Londoner Stadtteil Belgravia. Offizielle Begründung: Brexitbedingte Unsicherheiten und Patientenschwund.

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