COVID-19

Britische Ärzte nennen Öffnungspläne „unverantwortlich“

Trotz rasant steigender Infektionszahlen sollen in England am kommenden Montag nahezu alle Corona-Schutzmaßnahmen fallen.

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Rechnet mit weiter steigenden Infektionszahlen und will trotzdem alles öffnen: Großbritanniens Premierminister Boris Johnson.

Rechnet mit weiter steigenden Infektionszahlen und will trotzdem alles öffnen: Großbritanniens Premierminister Boris Johnson.

© Daniel Leal-Olivas / dpa

London. Als „unverantwortlich“ und „sehr riskant“ haben britische Ärzte die Öffnungspläne der britischen Regierung nach der COVID-Pandemie kritisiert. In England sollen am kommenden Montag alle COVID-Restriktionen wie Mund- und Nasenschutz, Mindestabstand und Begrenzung von Massentreffen fallen.

Premierminister Boris Johnson bestätigte jetzt den Öffnungsplan, räumte aber zugleich ein, dass die Zahl der Neuinfektionen mit dem Virus „weiter deutlich steigen“ werde. Derzeit werden in England täglich mehr als 20.000 neue Infektionen mit COVID-19 diagnostiziert.

Totale Überlastung des Gesundheitswesens befürchtet

Jetzt meldete sich der größte und einflussreichste britische Berufsverband von Medizinern im Königreich, British Medical Association (BMA), kritisch zu Wort. Die BMA, die die beruflichen Interessen von rund 100.000 Ärztinnen und Ärzten vertritt, befürchtet „eine totale Überlastung des Gesundheitswesens“ als Folge von schwer erkrankenden COVID-Patienten.

„Die Infektionszahlen steigen seit Wochen rasant und werden weiter steigen. Es ist unvermeidlich, dass dies auch zu deutlich mehr schweren Krankheitsverläufen und damit Klinikeinweisungen führen wird“, so der BMA-Vorsitzende Dr. Chaand Nagpaul in London. „Das wird sowohl Ärzte und Pflegekräfte an den Rand der totalen Erschöpfung treiben, als auch dazu führen, dass zehntausende andere Operationen und Behandlungen abgesagt werden müssen.“

Op-Wartelisten auf Rekordhöhe

Die Warnungen der BMA fallen ungewöhnlich deutlich und scharf aus. Schon heute warten im staatlichen britischen Gesundheitsdienst (National Health Service, NHS) rund fünf Millionen Patienten auf eine Op oder auf eine fachärztliche Behandlung. Das ist ein historischer Rekord.

Die Regierung Johnson und der erst seit kurzer Zeit im Amt befindliche Gesundheitsminister Javid räumten am Dienstag ein, dass man sich womöglich in England schon bald auf „100.000 Neuinfektionen täglich“ und „1000 bis 2000 Klinikeinweisungen täglich“ einstellen müsse. Dennoch werde man an den Öffnungsplänen festhalten.

35 Millionen Briten vollständig geimpft

Dabei setzt die Regierung auf die Impfkampagne, bei der bis heute rund 35 Millionen Briten vollständig geimpft wurden. Man werde die NHS-Impfaktion – die größte Massenimpfung in der Geschichte Großbritanniens – weiter zielstrebig vorantreiben, so Javid. Allerdings wollte Premier Johnson nicht ausschließen, dass es womöglich im Herbst und Winter neue Einschränkungen geben könnte, „sollte das Pandemiegeschehen dies verlangen“. (ast)

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