Bedarfsplanung

Der Planungsteufel lauert hinter der Dorfkirche

Zentralisten versus Regionalisierer: Bei der Bestimmung neuer Modalitäten für die Bedarfsplanung will der Bundesausschuss Einheitlichkeit sichern. Die Länder wollen mehr Spielraum. Ihr Dilemma: Mehrkosten und Planungsunsicherheit, weil lokale Daten fehlen.

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BERLIN (NF). Der Bundesausschuss (GBA) muss bis Anfang 2013 in den Richtlinien zur Bedarfsplanung die regionalen Planungsbereiche so festlegen, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt wird. Die Beratungen sind teilweise recht weit gediehen, aber zentrale Fragestellungen wie etwa die Zunahme der Arztzahl und deren Finanzierung wurden noch nicht thematisiert.

Wie weit reicht die Macht des Bundesausschusses?

Zwei Fragen stehen derzeit im Vordergrund: Wie "einheitlich" wird die ambulante Versorgung in Zukunft noch sein? Welche Kompetenzen hat der GBA, in seinen Richtlinien die Anerkennung "regionaler Besonderheiten" zu beeinflussen?

Damit verbunden: Welchen Sinn haben Bundesrichtlinien noch, wenn die Verhältniszahlen nur noch eine grobe Orientierung sind, von der auf regional ohne Weiteres abgewichen werden kann? An diesen Fragen scheiden sich die Geister.

Der Vorsitzende des GBA, Josef Hecken, hat sich klar positioniert: Er bezeichnete es erst kürzlich als "wichtig", dass die Bundesländer von den Verhältniszahlen und Planungsbereichen nicht beliebig abweichen können. Er möchte klare Kriterien, wann und unter welchen Voraussetzungen auf der Landesebene von den bundeseinheitlichen Vorgaben abgewichen werden kann.

Dagegen haben sich die Ländergesundheitsminister positioniert: An den GBA wurde appelliert, "die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten der Landesebene, von den bundeseinheitlichen Vorgaben der Bedarfsplanungs-Richtlinie zur Berücksichtigung regionaler Besonderheiten abzuweichen, in der Bedarfsplanungs-Richtlinie vollumfänglich umzusetzen und rechtssicher auszugestalten".

Die Gesundheitsministerkonferenz hat ökonomische Bedeutung erkannt. Der GBA soll die neuen Richtlinien so gestalten, "dass die Bedarfsplanung "demografische Veränderungen berücksichtigt, dabei aber weder die Versorgungssituation verschlechtert noch zu übermäßigen Kostensteigerungen durch eine unrealistische Ausweitung von Arztsitzen führt". Das lässt Raum für Interpretationen je nach Interessenlage.

Je detaillierter der Plan, desto dürftiger die Daten

Klar ist, dass im GKV-Versorgungsstrukturgesetz der "Regionalisierung" der Versorgung der Weg geebnet worden ist. Die Richtlinien des GBA werden diesen politischen Trend nicht stoppen können.

Aber: An der nach dem Gesetz vorgesehenen Möglichkeit, von den Bundesvorgaben abweichende Versorgungsbedarfe festzustellen, wenn demografische Struktur und Entwicklung und somit die Morbidität Besonderheiten aufweisen, werden sich die Entscheidungsgremien auf Länder ebene noch die Zähne ausbeißen, wenn sie erkennen, dass es "vor Ort" nur wenige stabile rechtssichere Zahlen und Daten zu diesen Kriterien gibt.

Wohl ahnend, dass der GBA versucht sein könnte, in den Richtlinien eine bundeseinheitliche bedarfsgerechte Vorsorgung zu retten, haben BMG-Experten in der Begründung den Hinweis untergebracht, dass der GBA nicht ermächtigt ist, in den Richtlinien Voraussetzungen für das Vorliegen regionaler Besonderheiten zu definieren.

Die Folgen für Vertragsärzte und ihren Nachwuchs: Sie müssen sich darauf vorbereiten, dass es für sie mit Blick auf die Berücksichtigung möglicher "regionaler Besonderheiten" bei der Bedarfsplanung und im Zulassungsverfahren keine Planungssicherheit geben wird.

Die Vertreterversammlung der KV Hessen hat bereits die finanziellen Auswirkungen eines neuen Zuschnitts der Planungsbereiche und einer Änderung der Verhältniszahlen erkannt: "Weitere zusätzliche Vertragsarztsitze sind nur akzeptabel und tolerabel, wenn mit Schaffung dieser auch dementsprechend sofort und zeitnah weitere finanzielle Mittel, insbesondere auch für die ärztliche Vergütung, bereitgestellt werden."

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