Der Wohnort beeinflusst Operationen

Wie ein Patient medizinisch versorgt wird, hängt davon ab, wo er wohnt. Es gibt große regionale Unterschiede bei den ärztlichen Behandlungen, deckt eine Studie der Bertelsmann Stiftung auf. Mit greifbaren Auswirkungen: Männern am Bodensee wird sechs Mal häufiger die Prostata entfernt als Männern im Erftkreis.

Veröffentlicht:

BERLIN (sun/dpa). In Deutschland gibt es erhebliche regionale Unterschiede in der medizinischen Versorgung: So sind Kaiserschnittgeburten im Eifelkreis mehr als doppelt so häufig wie in der Stadt Chemnitz.

Das belegt eine Studie der Bertelsmann Stiftung, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.

Interessantes Phänomen

Demnach wird Männern aus dem Erftkreis sechs Mal seltener die Prostata entfernt als Männern am Bodensee.

Aus Sicht der Bertelsmann Stiftung ein interessantes Phänomen, da viele Differenzen nicht durch regional unterschiedliche Alters- und Geschlechtsstrukturen erklärbar seien.

"Diese Unterschiede können ein Indiz dafür sein, dass Patienten manchmal medizinische Leistungen erhalten, die sie eventuell gar nicht benötigen", sagte Dr. Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Stiftung.

Informationen über 16 häufige Behandlungsgebiete

Um aber Veränderungen im System zu bewirken, sei es notwendig, dass der Patient gut informiert sei. Daher wolle die Stiftung mit dem neuen Internetportal "Faktencheck Gesundheit" Orientierungshilfen geben und die Transparenz erhöhen.

Auf diese Weise sollen Patienten für diese Unterschiede sensibilisiert werden.

Bisher liefert das Portal Informationen über 16 häufige Behandlungsgebiete wie Blindarmoperationen oder Kniegelenk-Erstimplantationen. Bei Letzteren gibt es dem Portal zufolge gravierende Unterschiede in der Op-Häufigkeit: Diese variiere stark von Region zu Region.

In Bayern wird überdurchschnittlich häufig operiert

Im Kreis mit dem höchsten Op-Index liege die Op-Häufigkeit um das Dreieinhalbfache höher (Op-Index=1,7) als in dem Kreis mit dem niedrigsten Op-Index (0,5).

In vielen bayerischen Kreisen werde demnach überdurchschnittlich häufig operiert, während in den Kreisen Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns das Gegenteil zu beobachten sei. Auch in größeren Städten Deutschlands werde nur durchschnittlich häufig operiert.

Ziel ist es, die Zahlen zu ergründen

Handfeste Gründe für die Abweichungen liefert das Portal bislang nicht. Es sei aber ein wesentliches Ziel, diese zu ergründen, sagte der Experte der Stiftung, Thomas Neldner.

Mögliche Ursachen für die regionalen Schwankungen könnten die unterschiedlichen Vertrags- und Abrechnungsmodalitäten für ärztliche Leistungen, das grundsätzliche Fehlen anerkannter medizinischer Leitlinien oder der individuell unterschiedlichen Behandlung durch einzelne Ärzte sein.

www.faktencheck-gesundheit.de

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Glosse

Die Duftmarke: „Die ham’s ja!“

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Kooperationen als Kriterium für Leistungsgruppen

Krankenhausreform: Vertragsärzte können Teil der Qualitätskriterien sein

Folgen der Pandemie

Forscher: Corona führte zu Anstieg von Depressionen bei Kindern

Kontrolluntersuchung nach Polypektomie

Darmkrebs: Risikofaktoren für ein Intervallkarzinom

Lesetipps
Korpulenter Mann auf einer Bank vor dem Meer.

© Kira Nova / stock.adobe.com

Adipositas-Pandemie

Übergewicht erhöht in Studie auch Risiko für zweiten Primärtumor