Kirsten Kappert-Gonther
Eine Ärztin greift nach dem Fraktionsvorsitz der Grünen
Eine Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie mit ehemals eigener Praxis kandidiert zusammen mit Cem Özdemir um den Fraktionsvorsitz der Grünen im Bundestag. Wer ist die Frau?
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Kirsten Kappert-Gonther, aktuell Sprecherin für Gesundheitsförderung bei den Grünen im Bundestag.
© Bernd von Jutrczenka
BREMEN/BERLIN. Freundlich, warmherzig, zugewandt: So kennt man die Bremer Grünen-Politikerin Dr. Kirsten Kappert-Gonther – falls man sie überhaupt kennt. Selbst in Bremen wissen nicht viele, dass sie 2017 von der Bürgerschaft in den Bundestag aufgestiegen ist. Wer nur das freundliche Lächeln der 52-Jährigen wahrnimmt, unterschätzt leicht ihren Ehrgeiz und ihre Durchsetzungskraft.
Ende 2012, als sie gerade erst gut ein Jahr in der Bremischen Bürgerschaft saß, wollte Kappert-Gonther bereits die langjährige Bremer Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck beerben. Bei der parteiinternen Kampfabstimmung um die Kandidatur für die Wahl 2013 unterlag sie damals nur knapp; deshalb versuchte sie es vier Jahre später erneut – und gewann.
Frisch im Bundestag gelandet, ging ihr Aufstieg gleich weiter: Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie mit ehemals eigener Praxis ließ sich von der Grünen-Fraktion zur Sprecherin für Gesundheitsförderung und für Drogenpolitik wählen.
Keine zwei Jahre danach greift sie nun gemeinsam mit Cem Özdemir nach der Fraktionsspitze: Die beiden möchten das bisherige Duo Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter ablösen.
Führungserfahrung konnte die verheiratete Mutter zweier erwachsener Kinder schon genug sammeln: als ärztliche Leiterin einer Reha-Einrichtung für psychisch Kranke in Gütersloh, später als Chefin einer psychiatrischen Privatklinik-Ambulanz in Bremen und von 2015 bis 2017 als Vizevorsitzende der grünen Bürgerschaftsfraktion.
Politische Einstellung: Mitte-links
Vor ihrer Wahl in den Bundestag erzählte sie Journalisten, dass sie sich selbst als „mitte-links“ sehe, aber unter den damaligen Umständen eine schwarz-grüne Koalition bevorzuge. Schon vor ihrem Eintritt bei den Grünen 2002 war die gebürtige Marburgerin ständig aktiv: als Schülersprecherin in Bochum, als Studentenvertreterin in Marburg, als Aktivistin der Friedens- und der Anti-Atomkraft-Bewegung.
Kappert-Gonther ist auch Vorstandsmitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bremen/Unterweser – und der „Bremer Theaterfreunde“, denn ihre private Leidenschaft gilt der Bühne, aber auch dem Paartanz mit ihrem Mann, mit dem sie seit fast 30 Jahren verheiratet ist.
Als Vegetarierin engagiert sie sich gegen Massentierhaltung; als Gesundheitsexpertin plädiert sie für eine Entkriminalisierung von Cannabis; als Klimaschützerin, so erzählte sie es 2017, fährt sie kein eigenes Auto, sondern nutzt allenfalls Car Sharing.
„Wenn man was will, kann man was erreichen“: Das ist eine ihrer Schlussfolgerungen aus ihrem bisherigen Engagement „für Teilhabe und Gerechtigkeit in allen Bereichen“. Vielleicht schafft die telegene Aufsteigerin mit diesem Motto nun auch den Sprung an die Spitze der Grünen-Fraktion. Dort eine Psychotherapeutin zu platzieren, kann ja nicht schaden, angesichts etwaiger Flügel- und Hahnenkämpfe.