„Da kratze ich mich dann doch am Kopf“

Ex-Chef verwundert: „Kein Virologe“ in der STIKO – aber eine Kommunikationswissenschaftlerin

Während der Corona-Pandemie wurde die Arbeitsweise der STIKO immer wieder kritisiert, besonders von der Politik. Der damalige Chef Mertens verteidigt nun das Vorgehen – und zeigt sich verwundert über die neue Besetzung des Gremiums.

Veröffentlicht:
Thomas Mertens, ehemaliger Vorsitzender der Ständigen Impfkommission, vermisst einen Virologen im Gremium.

Thomas Mertens, ehemaliger Vorsitzender der Ständigen Impfkommission, vermisst einen Virologen im Gremium.

© picture alliance/dpa

Hamburg. Die Arbeit der Ständigen Impfkommission (STIKO) während der Corona-Pandemie hat deren ehemaliger Vorsitzender Thomas Mertens verteidigt. In einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ (aktuelle Ausgabe) äußerte er auch Verwunderung über die aktuelle Zusammensetzung der STIKO.

Zur Erinnerung: Anfang des Jahres hat es in der Kommission einen umfangreichen personellen Wechsel gegeben. Da die Berufungszeit der Mitglieder vom Bundesgesundheitsministerium begrenzt worden war, waren zwei Drittel der STIKO-Experten ausgeschieden. Der Ulmer Virologe Thomas Mertens wurde als Vorsitzender der Kommission abgelöst.

Virologe fehlt im Gremium

Sein Ausscheiden, so Mertens, habe altersbedingte Gründe gehabt. Die Begrenzung der Berufungsdauer bezeichnete er in dem Interview als „okay“. „Das ist kein Aufreger.“

Für ihn unverständlich sei aber, warum eine Kommunikationswissenschaftlerin berufen worden sei. „Dafür gibt es momentan keinen Virologen mehr im Gremium – und da kratze ich mich dann doch am Kopf“, so Mertens. Tatsächlich ist mit Professor Alexander Dalpke ein Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie STIKO-Mitglied.

Besser wäre es nach Mertens Ansicht aber gewesen, wenn eine starke Kommunikationstruppe „seitlich zur STIKO“ geschaffen worden wäre, die das Gremium berate und die Öffentlichkeit korrekt und verständlich informiere.

Mertens kritisierte die Stoßrichtung der Diskussionen um eine Aufarbeitung der Corona-Pandemie. „Viele, die ‚Aufarbeitung‘ sagen, wollen vor allem mit irgendwem ein Hühnchen rupfen. Das finde ich völlig uninteressant. Es kann nicht darum gehen, Einzelne an den Pranger zu stellen und zu sagen: Du bist schuld!“

Forderungen aus Politik

Der Ex-STIKO-Chef berichtete von dem Druck, den es während der Pandemie von der Politik auf die Kommission gegeben habe, zunächst vom ehemaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), später von dessen Nachfolger Karl Lauterbach (SPD). Die Politik habe immer Handlungswillen beweisen wollen. Bei ihr und in der Öffentlichkeit hätten andere Argumente gezählt als in der Kommission.

Während beispielsweise die Politik alle Schüler impfen wollte, um die Schulen wieder aufzumachen, sei laut Mertens für die STIKO die oberste Frage gewesen: „Was bringt die Impfung dem einzelnen Kind und erst in zweiter Linie der Gemeinschaft? Ich habe auch gesagt: Wir verteilen keine Lakritzbonbons“, so Mertens. (eb)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Für Menschen ab 60 Jahren sind die Impfungen gegen Influenza, Corona, Pneumokokken und Herpes zoster (beide nicht im Bild) Standard-Impfungen. Für Menschen ab 75 Jahren kommt die RSV-Impfung hinzu.

© angellodeco / stock.adobe.com

Respiratorisches Synzytial Virus

STIKO: Alle Menschen ab 75 gegen RSV impfen!

Blickdiagnose: klinisches Bild mit typischen Effloreszenzen bei Herpes zoster.

© Mumemories / Getty Images / iStock

Zoster-Impfung

Schutz vor Herpes zoster und Rezidiven

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

© Springer Medizin Verlag GmbH

Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt a. M.
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Warum wird in Deutschland besonders viel operiert, Prof. Tauber und Herr von Hummel?

Lesetipps
Pneumologen hoffen seit Langem, dass man die Entzündung bei COPD endlich in den Griff bekommen und „das Übel an der Wurzel packen“ kann.

© Tahir/Generated with AI/stock.ad

Inflammation in den Griff kriegen

COPD: Welche Neuerungen in der Therapie und Diagnostik stehen an?

Eine Frau hat Schwierigkeiten, ihre Jeans zu schließen, nachdem sie zugenommen hat.

© Alfonso Soler / stock.adobe.com

Adipositas-Medikamente

Rascher Gewichtsanstieg nach Absetzen von Semaglutid & Co.