GKV: Einnahmen stagnieren, aber Ausgaben steigen
Erstmals droht zum Jahresende wieder ein Defizit in der gesetzlichen Krankenversicherung. Hauptursache sind stagnierende Beitragseinnahmen.
Veröffentlicht:BERLIN (HL). Die gesetzlichen Krankenkassen haben im ersten Halbjahr einen Überschuss von 112 Millionen Euro verbucht; Mitte 2009 waren es noch 1,2 Milliarden Euro. Da die Ausgaben in der zweiten Jahreshälfte erfahrungsgemäß um etwa zwei Milliarden Euro über denen der ersten sechs Monate liegen, ist zum Jahresende erstmals seit längerem wieder mit einem Defizit zu rechnen. Seit Inkrafttreten des Gesundheitsfonds erhalten die Krankenkassen vom Bundesversicherungsamt monatsgleiche Zahlungen.
Die Zusatzbeiträge, die von einigen wenigen Kassen erhoben wurden, haben die Einnahmen um insgesamt 272 Millionen Euro erhöht. Sie reichen nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums nicht aus, das voraussichtliche Defizit auszugleichen.
Die Einnahmen des Gesundheitsfonds - einschließlich des anteiligen Bundeszuschusses in Höhe von knapp 7,8 Milliarden Euro - beliefen sich auf 85,33 Milliarden Euro; davon wurden 85,16 Milliarden Euro an die Kassen ausgezahlt. Der Fonds steht zur Jahresmitte mit 147 Millionen Euro im Plus.
Alle drei großen Leistungsarten - ärztliche Behandlung mit plus 5,4 Prozent, Krankenhausbehandlung mit 4,2 Prozent und Arzneimittel mit 4,8 Prozent - haben vor dem Hintergrund von Krisenzeiten - kräftig zugelegt. Bei Ärzten und Kliniken beruhen die Zuwächse nach Bewertung des BMG auf Verbesserungen der Honorarsituation und einer Stärkung der Klinikfinanzen als Folge hoher Tarifabschlüsse.
Bei Arzneimittel fehle es an Preiswettbewerb im patentgeschützten Segment. Das erfordere nachhaltige Strukturveränderungen.
Der hohe Zuwachs beim Krankengeld resultiert aus einem steigenden Renteneintrittsalter sowie einer starken Zunahme langwieriger psychischer Krankheiten. Das müsse eingehend beobachtet werden.
Arzthonorare und Krankengeld wachsen erneut überdurchschnittlich | |||
Veränderung je GKV-Mitglied in Prozent 1. Halbjahr 2010 im Vergleich zum 1. Halbjahr 2009 | |||
Leistungsausgaben insgesamt | 4,2 % | ||
Ärztliche Behandlung | 5,4 % | ||
Zahnbehandlung (kons-chirurg.) | 1,4 % | ||
Zahnersatz | 3,7 % | ||
Arznei- u. Verbandsmittel insgesamt | 4,8 % | ||
Häusliche Krankenpflege | 12,2 % | ||
Krankenhausbehandlung | 4,2 % | ||
Krankheitsverhütung/soziale Dienste | - 22,5 % | ||
Krankengeld | 10,0 % | ||
Fahrkosten |
4,3 % | ||
Kuren und Rehabilitation | - 3,8 % | ||
Früherkennungsmaßnahmen | 6,1 % | ||
Leistungen bei Schwangerschaft ohne stat. Entbindung | 0,8 % | ||
Verwaltungskosten | 8,0 % | ||
Ausgaben insgesamt | 87.254 Mio. Euro | ||
Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds | 85.162 Mio. Euro | ||
Beitragseinnahmen vor dem 1.1.2009 | 806 Mio. Euro | ||
Übrige Einnahmen | 1.398 Mio. Euro | ||
Einnahmen insgesamt | 87.366 Mio. Euro | ||
Überschuss | 112 Mio. Euro | ||
Quelle: BMG/KV 45 - Tabelle: Ärzte Zeitung |