AMNOG-Pläne

Gemischtes Echo

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BERLIN. Des einen Freud, des anderen Leid: Während der GKV-Spitzenverband die jüngsten Änderungen an der frühen Nutzenbewertung und den sich anschließenden Preisverhandlungen scharf kritisiert, werden sie von Herstellerseite begrüßt.

Vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer sagte der "Ärzte Zeitung", es werde "nichts gravierend verändert, aber ein deutliches politisches Signal gegeben: Die Verhandlungen müssen mit größerer Offenheit geführt werden und es darf kein Preisdiktat geben".

Der GKV-Spitzenverband kritisiert vor allem das von der Koalition getragene Vorhaben, die Auswahl der Vergleichstherapie im Falle evidenzbasierter Alternativen dem Hersteller zu überlassen.

"Vorgehen unverständlich"

Ann Marini, stellvertretende Verbandsprecherin: "Wenn das Wirtschaftlichkeitsgebot bei der Auswahl der zweckmäßigen Vergleichstherapie kippt, führt das ganz sicher zu höheren Erstattungsbeträgen und damit höheren Arzneimittelausgaben".

Gerade nach dem gelungenen Start des AMNOG, so Marini weiter, sei "ein solches Vorgehen unverständlich".Eine deutlich andere Bewertung nahm Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) vor.

Der vdek erkenne in den Änderungen "unter dem Strich kein ‚Einfallstor‘ für die Pharmaindustrie, künftig ungebremst höhere Preise durchsetzen zu können", sagte sie. Sie verwies darauf, dass nach wie vor die zweckmäßige Vergleichstherapie vom Gemeinsamen Bundesausschuss festgesetzt werde.

Die Festlegung der Vergleichstherapie werde lediglich "auf eine breitere Bewertungsbasis gestellt". Die Entscheidung über die Wirtschaftlichkeit werde damit primär auf die Preisverhandler (GKV-Spitzenverband und Pharmahersteller) und die Schiedsstelle verlagert, so die Einschätzung von Elsner.

"Aber auch diese müssen bei mehreren vom GBA therapeutisch als gleichwertig eingestuften zweckmäßigen Vergleichstherapien die im Vergleich preiswerteste für die Abschlagskalkulation heranzuziehen", erläuterte die Verbandschefin.

Kein starrer Algorithmus

Der unabhängige Vorsitzende der gemeinsamen Schiedsstelle von GKV-Spitzenverband und Pharmaindustrie, Dr. Manfred Zipperer, hat Berichte dementiert, wonach die Schiedsstelle plane, Erstattungspreise nach einem starren Algorithmus festzulegen.

Die Schiedsstelle tritt in Aktion, wenn sich Unternehmen und Kassen bei Preisverhandlungen nach erfolgter Nutzenbewertung nicht einigen können.

Das „Handelsblatt“ hatte unter Berufung auf den Vizevorsitzenden des Gremiums, Gerhard Schulte, gemeldet, die Schiedsstelle werde bei der Preisbildung künftig einheitlich den Zusatznutzen zu 49 Prozent gewichten, die Kosten der Vergleichstherapie zu 25 Prozent und die Abgabepreise des betreffenden Produktes in anderen europäischen Märkten zu 26 Prozent. Bei der Industrie sei dieses Schema auf Kritik gestoßen.

Eine Gesetzesänderung zur frühen Nutzenbewertung, die der Bundestag kurzfristig am Freitag vergangener Woche beschlossen hat, schreibt der Schiedsstelle nun ausdrücklich vor, „unter freier Würdigung aller Umstände des Einzelfalls“ sowie der „Besonderheiten des jeweiligen Therapiegebietes“ entscheiden zu sollen.

Diese Änderung sei, so mutmaßen Beobachter, motiviert gewesen durch den Wunsch, besagten Algorithmus in der Schublade der Schiedsstelle zu verhindern. „Völlig unnötig“, erklärte der Vorsitzende der Schiedsstelle, Dr. Manfred Zipperer, der „Ärzte Zeitung“.

Weder habe man bei den bisherigen Èntscheidungen einen Algorithmus eingesetzt, noch gebe es die Absicht, das zu tun.

Sämtliche bisherige Preisentscheidungen seien nach eben demjenigen Ermessen getroffen worden, das jetzt gesetzlich festgeschrieben werden soll. Die Gesetzesänderung, so Zipperer wörtlich, gebe „nur wieder, was die Schiedsstelle ohnehin schon macht“. (cw/jvb)

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