Sektorenübergreifende Versorgung

Gesundheitsforscher sollen sich einmischen

Gesundheitsforscher sollen sich mit ihrer Expertise einbringen, um regional sektorenübergreifende Versorgungsmodelle zu etablieren. Zu selten werde die Versorgung aus der Perspektive der Patienten organisiert, hieß es bei einer Tagung.

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DÜSSELDORF. Gesundheitsforscher sollten eine aktivere Rolle in der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens spielen, findet Professor Josef Hilbert, Geschäftsführender Direktor des Instituts Arbeit und Technik (IAT) in Gelsenkirchen.

"Wir brauchen Gesundheitsforscher, die Lösungen einbringen und sich einmischen", sagte Hilbert auf dem Kongress "Health 3.0" in Düsseldorf.

Es gebe an vielen Punkten eine exzellente Forschung. Sie dürfe sich aber nicht darauf beschränken, Risiken und Defizite aufzuzeigen, sagte der Gesundheitsökonom.

Gefragt sei eine "interventionelle Public Health-Forschung". Seiner Meinung nach könnten sich die Wissenschaftler gut einbringen, wenn es darum geht, vor Ort Versorgungsmodelle zu entwickeln und zu erproben.

Aus der Gesundheitsforschung sei bekannt, dass durch ein integriertes Versorgungsmanagement mehr Effizienz und eine bessere Gesundheitsversorgung erreicht werden könnten.

"Hier sollten die Kommunen mehr Handlungsspielräume bekommen."

Grundsätzlich sieht Hilbert bei der Gestaltung der regionalen Versorgung noch viel Luft nach oben. "Wir brauchen Akteure, die die Spielräume nutzen können und es auch wollen."

Dazu gehörten eben auch die Wissenschaftler. "Wir brauchen eine Verantwortung der Lehrenden", betonte Hilbert.

Gesundheitssystem - "die organisierte Nicht-Verantwortung"

Mit der kritisierten Zurückhaltung stehen die Wissenschaftler im Gesundheitswesen nicht allein da, findet Ulrich Tilly, Partner des Politikberatungsunternehmens WMP Healthcare.

"Für mich ist das deutsche Gesundheitssystem die organisierte Nicht-Verantwortung", sagte der ehemalige Abteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium. In der Pflicht seien immer nur die jeweils anderen.

Die Politik kann jedenfalls nicht alles allein entscheiden, betonte die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne).

Eine wichtige Aufgabe der Politik sei es, Rahmenvorgaben zu setzen, wie beim E-Health-Gesetz. Steffens kritisierte, dass es nach wie vor an einer abgestimmten, sektorenübergreifenden Versorgung mangelt. Durch die Versorgungsbrüche an den Schnittstellen würden die Patienten mit massiven Problemen konfrontiert.

"Wir müssen aus der Blickrichtung des Patienten überlegen, welche Versorgung jeweils die bestmögliche ist", forderte Steffens. In viel zu vielen Projekten würde bislang zu wenig Rücksicht auf die Menschen genommen, für die die Versorgungsmodelle entwickelt werden.

Das ist nach Meinung von Wilfried Jacobs, Geschäftsführer des Instituts für patientenorientierte Versorgungsablaufforschung, eine Crux im Gesundheitswesen.

"Wir beschäftigen uns bei dem, was wir tun, nicht mit der Lage des Patienten", sagte der ehemalige Vorstandschef der AOK Rheinland/Hamburg.

Dadurch werde die an sich sehr gute Gesundheitsversorgung in Deutschlandbeeinträchtigt. "Wenn wir die Prozesse anders organisieren würden, hätten wir eine grandiose, ablauforientierte Medizin", so Jacobs. (iss)

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