Patientenquittung

Gute Idee, wenig Resonanz

Rund ein Prozent der Versicherten der AOK Nordwest nutzt die Patientenquittung. Bei dieser Gruppe kommt das Instrument gut an.

Veröffentlicht:

KIEL. Beim Thema Patientenquittung bleibt das Verhalten der Deutschen widersprüchlich. Zwar halten grundsätzlich viele Deutsche die Informationen für interessant, aber nur ein Bruchteil von ihnen sieht sie auch ein. Dies zeigt eine Auswertung der AOK Nordwest nach dreijährigen Erfahrungen mit ihrer Online-Patientenquittung.

Seit die Kasse das Projekt vor drei Jahren gestartet hat, verzeichnete sie insgesamt 28.518 Registrierungen. Die AOK Nordwest hat rund 2,75 Millionen Versicherte in Westfalen und Schleswig-Holstein.

Unter den Nutzern selbst kommt das Angebot aber gut an. Eine Befragung von 755 Teilnehmern zeigt, dass besonders chronisch Kranke das Instrument gerne nutzen, die Informationen verständlich finden und die Angaben etwa zu den Kosten der von ihnen ausgelösten Behandlungen und der ihnen verordneten Medikamente interessant finden.

Dabei kommt es für die Versicherten zu Überraschungen: Bei der ambulanten ärztlichen Behandlung ist die Mehrzahl der Nutzer erstaunt, dass die Honorare nicht höher liegen, bei Klinikbehandlungen ist es umgekehrt.

Für Martin Litsch, Chef der AOK Nordwest, drücken diese Antworten hohe Wertschätzung der Patienten für die Arbeit der niedergelassenen Ärzte aus.

Die KV Schleswig-Holstein kritisiert die Patientenquittung dennoch als "Mogelpackung", weil die dargestellten Honorare nach ihrer Ansicht ein falsches Bild vermitteln. Denn die dort aufgeführten Preise berücksichtigen nicht Budgets und Abstaffelungen. Auch die Arzneimittelkosten werden ohne Abzug der Rabattierung ausgewiesen.

Litsch will die Patientenquittung dennoch ausbauen und setzt auf wachsenden Zuspruch. Die Auswertung zeigt, dass die Resonanz durch Öffentlichkeitsarbeit nach oben geht. Neben Transparenz verspricht sich Litsch auch ein steigendes Kostenbewusstsein der Versicherten.

Außerdem helfe das Instrument den Versicherten, das eigene Gesundheitsmanagement etwa zur Einhaltung von Impfterminen zu stärken. Ein Drittel der Befragten ist überzeugt, dass die Patientenquittung auch zu einer Verhaltensänderung führt.

Neben den Kosten für Kliniken, Praxisbesuche und Medikamente sind auch Informationen über Zahnarztbehandlungen, Heil- und Hilfsmittel, Zahnersatz und Kieferorthopädie einsehbar. Geplant ist eine Erweiterung um Fahrkosten, Haushaltshilfen und häusliche Krankenpflege.

Litsch begründet das Engagement mit dem Interesse, das die Deutschen in Umfragen zum Thema Patientenquittung generell geäußert haben. Den Widerspruch zur moderaten tatsächlichen Resonanz erklärt er mit der Betroffenheit: "Bei Patienten stehen Heilung und Behandlung im Vordergrund, nicht administrative Fragen." (di)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 30.06.201412:53 Uhr

Patientenquittungen suggerieren irreführend Einzelfallabrechnungen?

Wenn schon der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn die gesetzlichen Krankenkassen auffordert, sensible Patientendaten von "Patienten-Quittungen" im Internet z. B. durch PIN/TAN-Verfahren besser zu schützen als bisher, ist die Auswertung der AOK Nordwest nach dreijährigen Erfahrungen mit ihrer Online-Patientenquittung mehr als fragwürdig.

Denn abgesehen von der mangelhaften Umsetzung des BGH-Leitsatz-Urteils zur informationellen Selbstbestimmung gegenüber Dritten (Internet-User, Krankenkassen, Behörden, Arbeitgeber usw.) müssten ganz besonders die behandelnden Ärzte über Art, Umfang und geldwerte Angaben der Patientenquittung g l e i c h b e r e c h t i g t informiert werden. Denn sie haben schließlich ihre Leistungen Diagnose bezogen differenziert und spezifiziert erbracht bzw. gegenüber ihrer KV abgerechnet.

Jedoch werden nach allen mir verfügbaren Informationen sämtliche Leistungen von Vertragsäzten pauschaliert im GKV-Sachleistungsprinzip erbracht: In der AOK-Patientenquittung werden sie jedoch irreführend-täuschend als E i n z e l l e i s t u n g e n aufgelistet. Dies steht im krassen Gegensatz zu den Behandlungs-P a u s c h a l e n, die völlig unabhängig von Art, Umfang und Frequenz der (Mehrfach-)Inanspruchnahme den Vertragsärztinnen und -ärzten auch bei extrem breit gefächerten Multimorbiditäten ihrer Patienen als Praxisumsatz über die KV-Honorare generiert werden.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Sonderberichte zum Thema
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposiums v.l.n.r.: Professor Karl Broich (BfArM), Dr. Jürgen Malzahn (AOK-Bundesverband), Dr. Christine Mundlos (ACHSE e.V.), Hauke Gerlof (Ärzte Zeitung), Dr. Johanna Callhoff (DRFZ), Professor Christoph Schöbel (Ruhrlandklinik, Universitätsmedizin Essen), Privatdozent Dr. Christoph Kowalski (Deutsche Krebsgesellschaft), Dr. Peter Kaskel (Idorsia)

© Thomas Kierok

ICD-11: Die Zeit ist reif für die Implementierung

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Idorsia Pharmaceuticals Germany GmbH, München
Abb. 1: Bei erfolgreich therapierter Sialorrhö ist Teilhabe wieder leichter möglich

© Olesia Bilkei / stock.adobe.com [Symbolbild]

Glycopyrroniumbromid bei schwerer Sialorrhö

Wirtschaftliche Verordnung durch bundesweite Praxisbesonderheit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Proveca GmbH, Düsseldorf
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Interview

Wie Ärzte in Stresssituationen richtig reagieren können

Krebs in Deutschland

Bei zwei Krebsarten nahm die Sterblichkeit am stärksten ab

Verschmutzte Luft

Was Reinigungsmittel in der Lunge anrichten können

Lesetipps
Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an