Harsche Kritik an der Inhaftierung von Flüchtlingen

In Schleswig-Holstein verbringen Flüchtlinge bis zu 133 Tage in Abschiebehaft. Unter ihnen viele Jugendliche. Die meisten sind traumatisiert.

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Realität Abschiebehaft: Flüchtlinge sind oft traumatisiert. © Gina Sanders / fotolia.com

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KIEL (di). Flüchtlinge sind oft traumatisiert - und werden in Deutschland dennoch in Haft genommen. Damit steigen ihre psychische Belastung und das Risiko eines Suizids. Auf diese Gefahren hat der Landesbeirat für den Vollzug der Abschiebungshaft in Schleswig-Holstein hingewiesen. Nach Angaben des auch von Ärzten unterstützten Gremiums sind über ein Viertel der Flüchtlinge und Asylbewerber, die nach Europa kommen, traumatisiert und haben Krieg, Folter, Freiheitsentzug, Vertreibung oder die Ermordung von Familienangehörigen erlebt.

"Traumatisierte Flüchtlinge dürfen nicht in Haft genommen werden. Ihre besondere psychische Belastung und in einigen Fällen auch ihre Suizid-Gefährdung wird durch die Inhaftierung verstärkt", warnte der Landesbeirat. Zugleich kritisierte er die hohen Hürden für eine Entlassung aus der Abschiebungshaft, wenn Gutachter eine Traumatisierung festgestellt haben.

Im Norden ist die Zahl der in Haft festgehaltenen Flüchtlinge im Vergleich zu 2008 um rund 20 Prozent auf 361 Personen gestiegen. Die Betroffenen werden anschließend überwiegend in ein europäisches Land abgeschoben (65 Prozent) oder entlassen. Die meisten von ihnen waren auf der Durchreise durch Deutschland in ein anderes EU-Land. "Für dieses fragwürdige Prozedere wurden die Flüchtlinge bis zu 133 Tage im ehemaligen Gefängnis Rendsburg verwahrt", kritisierte der Beiratsvorsitzende Hans-Joachim Haeger. Der Beirat kritisierte die lange Haftdauer und die Tatsache, dass selbst unbegleitete jugendliche Flüchtlinge inhaftiert werden. Diese müssten von den Jugendämtern betreut werden, forderte der Beirat. In Schleswig-Holstein sind im vergangenen Jahr 17 jugendliche Flüchtlinge inhaftiert worden, sie wurden durchschnittlich 50 Tage festgehalten.

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