Interview

Hoppenthaller: "Ich verstehe die Welt nicht mehr!"

Das Vergütungsniveau bei Hausarztverträgen soll auf das im KV-System gültige Honorarniveau gesenkt werden. Der Chef des Bayerischen Hausärzteverbands, Dr. Wolfgang Hoppenthaller, kündigt Widerstand gegen die schwarz-gelben Reformpläne an.

Veröffentlicht:

Ärzte Zeitung: Was bedeuten die Eckpunkte der Bundesregierung zur Gesundheitsreform für die bestehenden Hausarztverträge in Bayern?

Hoppenthaller: Die Eckpunkte der derzeitigen Regierungskoalition bedeuten praktisch das Aus für diese Verträge. Im Norden der Republik haben nach Bekanntwerden dieser Eckpunkte einige Kassen laufende Verhandlungen bereits eingestellt.

Ärzte Zeitung: Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die hausärztliche Versorgung in Bayern?

Hoppenthaller: Haben die Negativdiskussionen in den vergangenen zwei Jahren schon dazu beigetragen, dass sich die Nachwuchssituation in Bayern trotz besserer Honorare nicht entspannt hat, wird diese gegen uns gerichtete Politik die hausärztliche Versorgung in Bayern schon mittelfristig zum Erliegen bringen.

Ärzte Zeitung: Gelegentlich sagen Gesundheitspolitiker und Kassenvertreter, Hausarztverträge mit einer besseren Vergütung seien nur dann akzeptabel, wenn dadurch auch eine nachweisbar bessere Versorgung geschaffen wird. Was sagen Sie?

Hoppenthaller: Diese Feststellung, die übrigens auch vom Vorstand der KVB verbreitet wurde, impliziert, die Qualität der hausärztlichen Versorgung wäre unzureichend. Dem möchte ich entschieden widersprechen. Diese Negativdiskussion dient interessierten Kreisen ausschließlich dazu, das ausgezeichnete Image der Hausärzte bei ihren Patienten herabzusetzen, um ihre gegen uns Hausärzte gerichteten Interessen durchzusetzen.

Ärzte Zeitung: Was erwarten Sie von der CSU, die die Position der Hausärzte ja immer unterstützt hat?

Hoppenthaller: Das Eckpunktepapier von Union und FDP kam für uns völlig unerwartet und widerspricht den wiederholten Beteuerungen des bayerischen Ministerpräsidenten und des bayerischen Gesundheitsministers, dass am Paragrafen 73 b nicht gerüttelt wird. Auf dem Hausärztetag am 17. Juli werden wir natürlich von Minister Söder die Rücknahme dieser uns betreffenden Passagen aus dem Eckpunktepapier fordern.

Ärzte Zeitung: Wie wird der Bayerische Hausärzteverband reagieren, sollte der Paragraf 73b in seiner jetzigen Form abgeschafft oder substanziell verändert werden?

Hoppenthaller: Die Abschaffung oder substanzielle Veränderung des Paragrafen 73 b würde einen Rückfall in die KV-Welt bedeuten, welche die hausärztliche Versorgung in den vergangenen drei Jahrzehnten praktisch abgewickelt hat. Der BHÄV-Vorstand wird der bayerischen Hausärzteschaft in diesem Fall den Ausstieg aus diesem Unterdrückungssystem empfehlen. Eine Vollversammlung ist für den 21. Juli bereits geplant. Letztlich geht es nicht nur um unsere Praxen, sondern auch um den Erhalt der hausärztlichen Versorgung einer immer älter werdenden Bevölkerung. Am 1. Juli hat die Gesundheitsministerkonferenz ein Bündel von Maßnahmen beschlossen, um Hausärztemangel entgegenzuwirken. Drei Tage später dreht uns Gesundheitsminister Rösler den Hahn zu. Da verstehe ich die Welt nicht mehr!

Das Interview führte Jürgen Stoschek

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Kommentare
Helmut Karsch 13.07.201016:58 Uhr

Ist---Sollvergleich

Um die Notwendigkeit der Hausarztverträge und deren Vergütung zu beweisen und alle Kritiker Mundtot zu machen bräuchte es nur den Soll--Ist vergleich. Die AOK Bayern gibt an, was innerhalb des bisherigen Versorgungsbereich KV für die Hausärztliche Versorgung ausgegeben wurde incl. Arzneimittel. Dann der Ist Zustand über die Hausarztvertäge mit den angekündigten Einsparungen bei Einweisung, Überweisung Arzneimittel.
Wenn am Ende teuerer, kein Benfit außer für die Vertiebsgesellschaft HÄV Management GmbH.
Wenn insgesamt Kostenneutral ist die Beweisführung abgeschlossen.
Die Kontrolle sollte aber über eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft laufen um Neutralität zu wahren.

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