TV-Kritik

Horrorzahlen und verunsicherte Patienten

Von Antonia von Alten Veröffentlicht:

Betroffenheit macht sich gut in Fernsehfilmen. So auch in "Totschweiger. Wenn Ärzte Fehler machen", der in der vergangenen Woche mehrfach auf ARD-Kanälen ausgestrahlt wurde. Schauspieler spielten die Schicksale zweier Patienten. Nach Routineeingriffen an der Bandscheibe und am Herzen kamen sie als Schwerkranke nach Hause.

Der eine Fall ist der Albtraum jedes Patienten - und jedes Kardiologen: Ein Stent wird falsch gesetzt. Die Folge: Das verengte Herzkranzgefäß des Patienten wird nicht geweitet, sondern verschlossen, das Herz hört auf zu schlagen. Es folgen Wochen an einem künstlichen Herzen, danach bekommt er ein Spenderherz. Das ist ein furchtbares Schicksal und wäre mit mehr Sorgfalt vermeidbar gewesen. Die operierenden Ärzte und die Klinik äußerten sich dazu allerdings nicht.

Zu Wort kommen dagegen Fachleute für Patientensicherheit, wie Dr. Marcus Rall von der Uniklinik Tübingen: "Wir gehen davon aus, dass es 10 000 bis 20 000 Tote durch Fehler in der Medizin pro Jahr in Deutschland gibt." Dazu kommen seiner Vermutung nach weit über eine Million leicht- und schwergeschädigte Patienten.

Woher er diese alarmierenden Zahlen hat, bleibt offen. Die Daten des Robert-Koch-Instituts, von denen die Bundesärztekammer ausgeht, sehen anders aus: Dort ist die Rede von 12 000 anerkannten Behandlungsfehlern pro Jahr - bei jährlich 17 Millionen Behandlungsfällen in Kliniken und mehreren Hundert Millionen bei niedergelassenen Ärzten. Mit solchem Betroffenheitsjournalismus und Horrorzahlen erreicht man vor allem eines: die Patienten werden verunsichert.

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