Arztstatistik

Immer mehr Ärzte in Teilzeit

Mehr Ärzte braucht das Land, heißt es immer wieder. Schaut man allein auf die Gesamtzahl, scheint die Forderung längst erfüllt. Doch eine neue Ärztestatistik zeigt auch, wo die Probleme sind.

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Ein Viertel jedes Approbationsjahrgangs wechselt jedes Jahr ins Ausland.

Ein Viertel jedes Approbationsjahrgangs wechselt jedes Jahr ins Ausland.

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BERLIN. Die Zahl der Ärzte steigt weiter: um 2,5 Prozent auf 357.000 am Jahresende 2013. Dennoch ist fraglich, ob die Leistungskapazität gewachsen ist. Die Bundesärztekammer (BÄK) schlägt jedenfalls Alarm.

"Der Ärztemangel und der Mangel an Arztstunden sind keine Prognose mehr, sondern in vielen Regionen Deutschlands längst Realität. Wir müssen davon ausgehen, dass sich dieser Mangel in den nächsten Jahren weiter verschärfen wird", sagte BÄK-Präsident Professor Frank Ulrich Montgomery am Montag bei der Veröffentlichung der aktuellen Ärztestatistik für das Jahr 2013.

Um Ärztemangel zu bekämpfen, seien zuallererst mehr Studienplätze notwendig. Ihre Zahl sei im Vergleich zu den 90er Jahren um fünf Prozent gesunken.

Ferner müsse die Arbeit für Ärzte attraktiver gestaltet werden, um mehr Berufsanfänger für die kurative Medizin zu begeistern. Dazu gehörten Abbau von Überstunden und Bürokratie, flexiblere Arbeitszeiten und mehr Angebote für die Kinderbetreuung.

Deutlicher Zuwachs bei teilzeitbeschäftigten Ärzten

Am Jahresende 2013 waren 357.200 Ärzte berufstätig, das sind 2,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Zugleich stieg aber die Zahl der Pensionäre um 3,8 Prozent auf 72.540.

Die steigende Arztzahl geht einher mit immer mehr Teilzeitbeschäftigungen: Waren 2001 noch 31.000 Ärzte teilzeitbeschäftigt, so stieg deren Zahl binnen zehn Jahren auf 54.000. Das schränkt die Leistungskapazität ein.

Außerdem verliert Deutschland jedes Jahr mehr als ein Viertel eines Approbationsjahrgangs ans Ausland: Im vergangenen Jahr kehrten 3055 Ärzte, davon ein gutes Drittel Ausländer, Deutschland den Rücken. Die beliebtesten Auswanderungsländer sind die Schweiz. Österreich und die USA.

Umgekehrt gewinnt Deutschland in zunehmendem Maße Mediziner aus dem Ausland: Ihre Zahl stieg um 10,3 Prozent auf inzwischen 31.216. Die meisten von ihnen kommen aus Rumänien, Griechenland, Österreich und Polen.

Extrem unterschiedlich ist die regionale Dichte der ärztlichen Versorgung: In Hamburg kommen 151 Einwohner auf einen Arzt, gefolgt von Berlin mit 187 Einwohnern, die ein Arzt versorgt. In Brandenburg ist ein Arzt für 276 Einwohner zuständig.

Jeder zehnte Allgemeinmediziner über 65 Jahre alt

Ungleichgewichte zeigen sich aber auch in der Ärztestruktur. Von den insgesamt 123.629 niedergelassenen Ärzten sind nur noch 33.780 (27 Prozent) Fachärzte für Allgemeinmedizin.

Unter allen Arztgruppen ist dies die älteste: Fast zehn Prozent sind über 65, jeder Dritte ist 60 Jahre oder älter. 39 Prozent sind zwischen 50 und 59 Jahre alt.

Es ist bislang nicht gelungen, die dramatische Überalterung in der hausärztlichen Versorgung zu stoppen und gravierenden Engpässen in der Basisversorgung in nicht allzu ferner Zeit vorzubeugen. Nur etwa jeder zehnte Arzt entscheidet sich nach seinem Studium für eine allgemeinmedizinische Weiterbildung.

Gemessen an der Zahl der Facharztanerkennungen beläuft sich die Zahl neuer Allgemeinärzte (einschließlich Innere und Allgemeinmedizin) auf 1112 im Lauf des Jahres 2013. Zwei Jahre zuvor waren es noch 1300 gewesen, dann 1200 Facharztanerkennungen in der Allgemeinmedizin. Der Frauenanteil liegt bei 63,3 Prozent.

Im Durchschnitt aller neu anerkannten Fachärzte sind 50,1 Prozent weiblich.

Frauenanteil in Chirurgie ausgesprochen niedrig

Manche Spezialdisziplinen scheinen vom Aussterben bedroht zu sein. Beispiele:

- Innere Medizin und Infektiologie: seit 2011 nur eine einzige Facharzt-Anerkennung;

- Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Endokrinologie und Diabetologie: 2013 nur sieben Facharzt-Anerkennungen, im Jahr davor fünf;

- Kinder- und Jugendpsychiatrie: 2013 lediglich drei neue Fachärzte, keiner in 2012, vier im Jahr 2011;

- Öffentliches Gesundheitswesen: 31 neue Fachärzte, im Jahr davon 17.

- Pharmakologie und Toxikologie: acht neue Facharztanerkennungen, binnen drei Jahren insgesamt 17.

Den größten Zulauf hat die Innere Medizin mit ihren Spezialitäten, die es auf 2673 Facharztanerkennungen im vergangenen Jahr gebracht hat. Es folgen die Chirurgen mit 1793 neuen Facharztanerkennungen. In dieser Fachgruppe ist der Frauenanteil mit 26 Prozent ausgesprochen niedrig. (HL)

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