Beschneidung

Jetzt muss der Bundestag ran

Das Kabinett hat den Gesetzentwurf zur Beschneidung gebilligt. Der Zentralrat der Juden spricht von einem bestandenen Toleranztest, Kinderärzte bleiben skeptisch.

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Vorhaut unterm Messer: Der geplante Beschneidungsparagraf nimmt eine weitere Hürde.

Vorhaut unterm Messer: Der geplante Beschneidungsparagraf nimmt eine weitere Hürde.

© Kay Nietfeld / dpa

BERLIN (chb). Beschneidungen sollen auch künftig in Deutschland straffrei möglich sein. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat am Mittwoch das Bundeskabinett auf den Weg gebracht.

Jetzt soll der Bundestag das Gesetz noch in diesem Jahr beschließen, damit es so schnell wie möglich in Kraft treten kann.

Der Gesetzentwurf eröffne die Chance, "die durch das Urteil des Landgerichts Köln entstandene rechtliche Verunsicherung zu beseitigen", kommentierte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger die Kabinettsentscheidung.

"Jetzt kann sich der Bundestag intensiv mit dem Thema befassen", sagte sie. Das Parlament soll das Gesetz noch in diesem Jahr verabschieden, der Fraktionszwang wird dabei vermutlich aufgehoben.

Als bestandenen Toleranztest bezeichnet der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, den Gesetzentwurf.

Er hofft, dass sich die Debatte nun versachlichen wird. "Wir sind doch keine Gruppe von Sadisten und Masochisten", sagte er im Interview mit dem Nachrichtensender "Phoenix".

Kritik von den Pädiatern

"Wenn mit der Beschneidung große Gefahren für die Kinder verbunden wären, würden wir das doch gar nicht machen." Judentum bedeute, dass am achten Tag beschnitten werde, "das können wir nicht freihändig ändern", so Graumann.

Juden würden Christen doch auch nicht sagen, dass sie den Karfreitag auf den Mittwoch verlegen sollten oder Weihnachten in den Sommer, weil es da wärmer sei.

Mit dem Gesetz soll im Bürgerlichen Gesetzbuch der neue Paragraf 1631d eingefügt werden. Es setzt voraus, dass eine Beschneidung nur nach den Regeln ärztlicher Kunst vorgenommen werden darf.

Dazu gehört, dass ein Kind im Zweifel eine Betäubung oder eine Narkose bekommt. Allerdings sollen in den ersten sechs Lebensmonaten auch Nicht-Ärzte beschneiden dürfen, wenn sie über bestimmte Qualifikationen verfügen.

Vor allem diesen Punkt sehen Kinderärzte kritisch, weil die Beschneider keine Vollnarkose geben dürfen.

Das sei nach Auffassung pädiatrischer Schmerzspezialisten aber unerlässlich, so der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte.

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