KV Bremen geht in den Clinch mit den Psychotherapeuten

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Überversorgung und doch Wartezeiten: Die KV Bremen will die Psychotherapeuten zu mehr Arbeit zwingen. Dazu sollen Praxissitze aufgekauft und stillgelegt werden.

Von Christian Beneker

BREMEN. Bremens KV und Psychotherapeutenkammer streiten um die psychotherapeutische Versorgung an der Weser. Karl Heinz Schrömgens, Präsident der Bremer Psychotherapeutenkammer, fordert eine komplett neue Bedarfsplanung und mehr Sitze. Die KV Bremen setzt auf mehr Leistung und die zukünftige Neuordnung der Versorgungsbezirke.

Als Folge des Versorgungsgesetzes fürchtet Schrömgens, dass die KV Bremen kräftig Psychotherapeutensitze aufkauft. Bisher darf sie es nur dann, wenn die Inhaber älter als 62 Jahre sind. Mit dem neuen Gesetz würde diese Grenze fallen.

Die KV könnte aufkaufen und die Praxen aus dem Verkehr ziehen. "Ich fürchte, die KV wird von der neuen Regelung Gebrauch machen", sagte Schrömgens der "Ärzte Zeitung".

Weniger Sitze, mehr Arbeitsmenge

Der Verdacht liegt nahe. Denn schon bis heute hat die KV rund zehn Sitze aufgekauft und stillgelegt, sagte KV-Sprecher Christoph Fox der "Ärzte Zeitung". Der Grund: Die KV will offenbar die Zahl der Sitze verkleinern, um die Arbeitsmenge pro Therapeut zu vergrößern.

Das scheint plausibel. Denn die Versorgung der Bremer Bevölkerung mit Psychotherapie ist bestens - jedenfalls auf dem Papier. Der Versorgungsgrad beträgt 161 Prozent, ein bundesdeutscher Spitzenwert, der weitere Zulassungen ausschließt.

Mache die KV Bremen ernst, dann könnten ab 2012 von den zurzeit 304 Praxen in Bremens Stadtgebiet 104 wegfallen, fürchtet Schrömgens. Von den Bremerhavener Praxen sieht er neun bedroht.

Psychotherapeuten fordern hingegen mehr Sitze

Für Schrömgens ein Unding. Schon jetzt müssten Bremer Patienten 8,8 Wochen auf einen Erstkontakt mit einem Therapeuten warten und 15 Wochen auf einen Behandlungsplatz. Angesichts der stetig steigenden Menge psychischer Erkrankungen fordert Schrömgens mehr Psychotherapeutensitze.

Er beruft sich auf die Bremer Gesundheitsbehörde, die in ihrem Gesundheitsbericht "Depression" feststellt: "Jeder dritte bis vierte Erwachsene erkrankt innerhalb eines Jahres an einer psychischen Störung von Krankheitswert. Bei Depressionen erhalten nahezu 60 Prozent keine wirksame Behandlung. 32 Prozent erhalten lediglich eine medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva. Nur acht Prozent werden psychotherapeutisch behandelt."

Die KV Bremen dagegen hat errechnet, dass Bremens Psychotherapeuten durchschnittlich nur in 22 Stunden pro Woche arbeiten. Sie sollten mehr arbeiten - bis zu 36 Stunden.

Kann es ein Neuzuschnitt der Planungsbezirke richten?

Schrömgens verweist auf den Bundesmantelvertrag, der 20 Stunden als Untergrenze angibt, und erklärt: "Das Gros der Bremer Psychotherapeuten arbeitet zwischen 26 und 30 Wochenstunden. Angesichts der besonderen Belastung der Arbeit schaffen es nur vier Prozent, 36 Stunden zu arbeiten."

Die KV fordert nicht nur mehr Leistung, sondern setzt auch auf den Neuzuschnitt der Versorgungsbereiche. So könnten die vorhandenen Kapazitäten besser verteilt werden. Das helfe nur bei der Kinderpsychotherapie, so Schrömgens. "Kinder können nicht 20 Kilometer zum Therapeuten fahren."

Der Präsident der Psychotherapeutenkammer forderte eine komplett neue Bedarfsplanung, um der gestiegenen Morbidität zu entsprechen: "Die Kennzahlen der Bedarfsplanung von 1999 sind eine willkürliche Setzung. Sie müssen ganz neu überarbeitet werden."

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