KV-Vorstandsposten in Westfalen-Lippe begehrt

Vor der Wahl zur Delegiertenversammlung in Westfalen-Lippe steht fest: Die KV wird eine neue Führung bekommen. Bewerber für die Nachfolge gibt es einige.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

DORTMUND. In der KV Westfalen-Lippe (KVWL) steht ein Wachwechsel bevor. Nach zehn Jahren an der Spitze tritt der Vorstandsvorsitzende Dr. Ulrich Thamer nicht mehr an. Der 65-jährige Neurologe und Psychiater Thamer zieht insgesamt eine positive Bilanz. Der Vorstand habe eine erfolgreiche Arbeit geleistet - wenn, ja wenn da nicht die vergangenen Monate gewesen wären. "Die Honorarreform hat uns an den Rand des Wahnsinns getrieben", sagt Thamer. Westfalen-Lippe gehört zu den Verlierern der Honorarreform. Das ist für die Westfalen eine ungewohnte Lage.

Vertrauensverlust durch Honorarreform

Rund 40 000 Widersprüche gegen die Regelleistungsvolumina liegen zurzeit bei der KVWL, sie ist an die Grenze der Leistungsfähigkeit gekommen. "Durch die Honorarreform hat die KV viel an Vertrauen eingebüßt", bedauert Thamer. Er ist aber zuversichtlich, dass der Einsatz des Vorstands für mehr Honorargerechtigkeit Früchte tragen wird. Vor allem die politische Lobbyarbeit habe sich gelohnt. "Mit der asymmetrischen Verteilung haben wir eine gute Grundlage erreicht." Dem KVWL-Vorstand war in den vergangenen Jahren viel daran gelegen, die KV neben ihren körperschaftlichen Aufgaben als Serviceeinrichtung für die Mitglieder zu positionieren. Sie hat ihre Servicecenter stark ausgebaut und bietet Ärzten und Psychotherapeuten eine Reihe von Beratungs- und Unterstützungsangeboten, etwa bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen und dem Schutz vor Regressen.

Thamer hofft, dass seine Vorstandskollegen Dr. Wolfgang-Axel Dryden und Dr. Thomas Kriedel -beide 60 Jahre alt - auch in der kommenden Legislaturperiode den Modernisierungskurs fortsetzen können.

"Wir wollen die Interessenvertretung der Mitglieder noch stärker in den Vordergrund rücken", sagt Allgemeinmediziner Dryden. Die KV muss sich noch weiter aus der Zwangsjacke der Körperschaft befreien und gegenüber Politik und Krankenkassen selbstbewusster auftreten, glaubt er.

"Wir müssen das KV-System erhalten, es aber gleichzeitig weiterentwickeln", sagt auch Verwaltungsfachmann Kriedel. Der Kollektivvertrag werde weiterhin eine tragende Rolle spielen. "Aber wir müssen auch über Selektivverträge neue Modelle testen", so Kriedel.

Hausärzte melden noch keinen Anspruch an

Dr. Hans-Peter Peters aus Bochum, Spitzenkandidat der Liste "Für eine neue KV - Sichere Zukunft für Haus- und Facharzt gemeinsam!", möchte den Facharztposten im KVWL-Vorstand übernehmen. Der 53-jährige Urologe hält eine Verjüngung des Gremiums für notwendig und setzt auf ein Wechselspiel aus Kontinuität und Veränderung. "Wir brauchen die KV, aber die KV braucht ein neues Gesicht." Die machtpolitischen Auseinandersetzungen zwischen Hausärzten und Fachärzten will er beenden. "Jede Gruppe hat das legitime Recht, für ihre Interessen zu streiten, aber die KV muss das abfedern."

Auch der 61-jährige Augenarzt Dr. Gerhard Nordmann aus Unna, der "Die Facharztliste - gemeinsame Zukunft für Westfalen-Lippe" anführt, strebt einen Sitz im KV-Vorstand an. "Wir müssen die Honorarsituation verbessern, insbesondere bei den Basisversorgern", fordert er. Für diese große Aufgabe bringe er Sachverstand und Erfahrung mit. Nordmann ist seit 14 Jahren in der KV aktiv und kennt die Gremienarbeit. "Ich weiß, wie man überzeugt und Kompromisse findet."

Aus den Reihen der Hausärzte hat noch niemand Anspruch auf ein Vorstandsmandat angemeldet. Für den Hausärzteverband geht es zunächst darum, möglichst viele Delegierte zu entsenden. "Wir brauchen einen starken hausärztlichen Block, der die Interessen der Hausärzte unverfälscht vertreten kann", sagt Verbandschef Dr. Norbert Hartmann.

Bis zum 1. Oktober sind rund 13 800 Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung West- falen-Lippe (KVWL) aufgerufen, über die Besetzung der künftigen Vertreterversammlung zu entscheiden. Zur Wahl stellen sich 226 Kandidaten auf 25 Listen. Um die Gunst der ärztlichen Wähler konkurrieren zehn Listen im Wahlkreis Östliches Ruhrgebiet/Südwestfalen und zwölf im Wahlkreis Münsterland/Ostwestfalen/Lippe. Hinzu kommen drei Wahlvorschläge der Psychotherapeuten.

Die KVWL-Mitglieder können sich nicht nur für eine Liste entscheiden, sondern auch für einen konkreten Bewerber. Von den 50 Sitzen in der Delegiertenversammlung der KV Westfalen-Lippe entfallen fünf auf die Psychotherapeuten. Für Hausärzte, Fachärzte und ermächtigte Ärzte gibt es keine Quotierung. (iss)

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