Kasse heuert Subunternehmer für bessere DMP-Akquise an

WOLFSBURG/HANNOVER (cben). Die Vertragslandschaft splittert sich immer mehr auf. Eine besondere Vertragskonstruktion zur Steigerung der DMP-Einschreibungen hat nun die Deutsche BKK aus Wolfsburg aufgelegt. Nach Ansicht der KV Niedersachsen ist diese Konstruktion für Ärzte und Patienten rechtlich fragwürdig.

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Wer erhält die Daten: Blutdruckmessung bei einem DMP-Patienten.

Wer erhält die Daten: Blutdruckmessung bei einem DMP-Patienten.

© Foto: jaz

Über ihre erst im November 2007 gegründete Tochtergesellschaft, die KV Service Plus GmbH, will die Deutsche BKK bis Jahresende möglichst viele neue DMP-Patienten rekrutieren. "Wir haben die KV plus besonders für unser DMP-Angebot gegründet" erklärte Lydia Krüger, Sprecherin der Deutschen BKK, "sie soll zukünftig auch für andere Kassen das DMP-Geschäft erledigen können". Jetzt hat KV Service Plus ihrerseits einen Subunternehmer herangezogen, die Firma Medconsult des Gesundheits-Unternehmers Dr. Thomas Heberlein, und mit ihr einen eigenen Förder-Vertrag für neuen DMP-Patienten geschlossen.

Im zweiten Quartal gibt's 100 Euro für Neueinschreibungen

Der Vertrag verspricht Ärzten, die einen neuen DMP-Patienten der Deutsche BKK einschreiben, im zweiten Quartal 2008 pro Einschreibung 100 Euro extra, im dritten Quartal 75 Euro extra und im vierten Quartal 25 Euro extra. Der Vertrag gilt nur für dieses Jahr. Die Fördersummen werden zu 20 Prozent bei Anlieferung der Erstdokumentation ausgezahlt und zu 80 Prozent bei Ablieferung der ersten Folgedokumentation. "Wir haben den Vertrag mit Mailings, Telefonaktionen und mit Vertretern vor Ort deutschlandweit beworben", sagte Heberlein der "Ärzte Zeitung". Der Zuspruch sei sehr gut.

Wer unterschreibt, ist für das ganze Jahr gebunden. Berechtigt sind Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 und 2, Brustkrebs, KHK, Asthma bronchiale, und chronisch obstruktiver Lungenerkrankung. Medconsult übernimmt laut Förder-Vertrag die komplette Akquirierung und Werbung der Ärzte, die Verarbeitung der Einschreibebögen sowie die komplette Abrechnung der zusätzlichen DMP-Beträge.

Vertrag ist finanziell attraktiv, aber berufspolitisch "ein Gift"

"Die Konditionen sind unschlagbar", sagte Manfred Oberthür vom Hausärzteverband Niedersachsen der "Ärzte Zeitung", "aber gesundheitspolitisch ist das Angebot Gift." Oberthür fürchtet die Schwächung der Verbände durch Verträge wie sie der Einzelunternehmer Heberlein mit der KV Service Plus anbietet. "Eigentlich müsste man diesen Vertrag bekämpfen", sagte Oberthür. "Andererseits bietet der Vertrag genau die Konditionen, die jeder Arzt will."

DMP-Förderverträge sind an sich nichts Besonderes. Oft macht so etwas die KV. So hat die KV Niedersachsen mit der AOK des Landes 2006 einen Fördervertrag für DMP-Einschreibungen aufgelegt. Offenbar mit Erfolg. 2007 wurde die Förderung wiederholt. Indessen werden Zweifel an dem Vertragskonstrukt zwischen KV Service Plus, medconsult und DMP-Ärzten laut. "Da wird ja zwischen Arzt und Medconsult ein privatrechtlicher Vertrag geschlossen", hieß es bei der KV Niedersachsen, "da macht eine Privatfirma im Namen der BKK Versprechungen."

Der rechtliche Status der Vertragspartner sei unklar. "Auch die Patienten-Daten werden an ein Privatunternehmen weiter gegeben," hieß es bei der KVN, "aber die Patienten haben die Datenweitergabe-Erklärung nur für die BKK ausgestellt. Das geht eigentlich nicht." Das sieht die Deutsche BKK völlig anders, man habe das ganze Paket juristisch prüfen lassen, hieß es. "Medconsult erhält von den Ärzten nur die KV-Nummer und die Art der Erkrankung", sagte Lydia Krüger von der Deutschen BKK, "der Patient selber bleibt anonym".

Beim Bundesversicherungsamt in Bonn, der Kassen-Aufsichtsbehörde, ist man ebenfalls kritisch: "Wir haben von dem Vertrag erfahren", sagte Theo Eberenz vom Bundesversicherungsamt, "wir haben die Deutsche BKK angeschrieben, weil wir den Sachverhalt prüfen wollen."

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Das süße Gift der DMP-Honorare

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