Grünes Licht vom Bundeskabinett

Kassenreform ist angestoßen

Gesundheitsminister Jens Spahn musste den Plan einer einheitlichen Aufsicht über alle Kassen fallen lassen. Sein Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz setzt jetzt andere Prioritäten.

Von Anno Fricke Veröffentlicht:
Doppelt beschenkt? Gesundheitsminister Jens Spahn erhielt zu Beginn der Kabinettssitzung am Mittwoch, in der sein Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz abgenickt wurde, Apfelpräsente durch Nane Coorßen, Blütenkönigin aus Mecklenburg-Vorpommern, Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Julia Heimgartner, Bodensee-Apfelkönigin.

Doppelt beschenkt? Gesundheitsminister Jens Spahn erhielt zu Beginn der Kabinettssitzung am Mittwoch, in der sein Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz abgenickt wurde, Apfelpräsente durch Nane Coorßen, Blütenkönigin aus Mecklenburg-Vorpommern, Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Julia Heimgartner, Bodensee-Apfelkönigin.

© W. Kumm / dpa

Berlin. Der Finanzausgleich der Kassen untereinander wird reformiert. Am Mittwoch hat Angela Merkels Ministerrunde dem Entwurf des „Gesetzes für fairen Kassenwettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung“ (GKV-FKG) zugestimmt. Der Entwurf enthält keine Regelungen zur bundesweiten Öffnung der AOKen mehr. Die waren in einer frühen Entwurfsfassung noch enthalten.

Die AOKen in einen schärferen Wettbewerb zu stellen, halte er „in der Sache nach wie vor für erstrebenswert“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn am Mittwoch in Berlin. An die Stelle einer direkten Aufsicht durch das Bundesversicherungsamt tritt nun vorerst eine engere Kooperation von Bundes- und Landesaufsichtsbehörden.

Auch der Koalitionspartner griff dieses Thema auf: „Insgesamt müssen wir die Aufsicht stärken. Gut ist, dass das Bundesversicherungsamt mehr anlassbezogene Prüfungen durchführen kann“, kommentierte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD Bärbel Bas diesen Punkt.

Finanzausgleich wird weiterentwickelt

Der Gesetzentwurf hilft der Koalition, das Versichertenentlastungsgesetz von 2018 vollständig umzusetzen. Kassen sollen ihre Rücklagen ab 2020 auf höchstens eine ganze Monatsausgabe abschmelzen. Dazu seien Beitragssenkungen erwünscht. Mit dem Gesetz wird der Finanzausgleich der Kassen weiterentwickelt:

  • Vollmodell. Statt wie bisher 80 Krankheiten soll künftig das gesamte Krankheitsspektrum für den Ausgleich berücksichtigt werden.
  • Risikopool. Für besonders teure Behandlungen sollen die Kassen 80 Prozent der Ausgaben erstattet bekommen, die Jahrestherapiekosten von 100 000 Euro überschreiten.
  • Prävention. Eine Vorsorge-Pauschale soll den Kassen Anreize bieten, die Teilnahme ihrer Versicherten an Präventionsangeboten zu fördern.
  • Arzneirabatte. Die Arzneimittelrabatte sollen künftig versichertenindividuell heruntergebrochen werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu beseitigen.

Umstritten ist eine Manipulationsbremse, mit der die Koalition die „Kodierbeeinflussung“ von Ärzten durch Kassen eingrenzen will.

Der AOK-Bundesverband sieht damit die Versorgung über Selektivverträge in Gefahr. „Dieses Verbot verkennt den unverzichtbaren Wert von differenzierten Diagnosen für eine gute ärztliche Behandlung und eine sachgerechte Kooperation zwischen Haus- und Fachärzten in Deutschland“, sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Jens Martin Hoyer, am Mittwoch in Berlin.

Ersatzkassen, BKKen und IKKen sprachen dagegen von einem „stimmigen Gesamtpaket, das zu fairen Wettbewerbsbedingungen in der GKV führt, Manipulationsanreize minimiert und die Versorgung der Patientinnen und Patienten verbessert“.

DMP bleiben im Risikostrukturausgleich

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion der Grünen, Maria Klein-Schmeink, sagte, Jens Spahn sei in der Sache einer einheitlichen Aufsicht über alle Kassen keinen Millimeter weiter gekommen. Stattdessen habe er die Länder gegen sich aufgebracht.

Der CDU-Gesundheitspolitiker Alexander Krauß griff einen weiteren strittigen Punkt auf: Dass die Disease-Management-Programme (DMP) im Risikostrukturausgleich blieben, sei eine gute Nachricht. „Damit wird unterstrichen, dass strukturierte Behandlungsprogramme von der Politik gewünscht sind“, so Krauß.

Das Gesetz ist im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig. In Kraft treten soll es im Frühjahr 2020.

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