Ambulante Spezialfachärzte

Kliniken und Politiker stehen auf der Bremse

Die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) läuft nur schleppend an. Zudem könnten Politiker mit dem Versorgungs­ gesetz noch ein weiteres Schlupfloch öffnen.

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Vor allem in der Pädiatrie könnte die ASV ein großes Potenzial haben.

Vor allem in der Pädiatrie könnte die ASV ein großes Potenzial haben.

© Alexander Raths / Fotolia

BERLIN. 2012 wurde die Versorgung seltener Erkrankungen und Krankheiten mit besonders schweren Verläufen neu geregelt. Die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) nach Paragraf 116b SGB V löste damals die Vorgaben zur ambulanten Versorgung im Krankenhaus ab und schaffte identische Rahmenbedingungen für den ambulanten und stationären Sektor.

Vertragsärzte, medizinische Versorgungszentren (MVZ) und Krankenhäuser sollen seither ausgewählte Krankheiten unter den denselben Anforderungen ambulant behandeln können. Dr. Axel Munte vom Bundesverband ambulante spezialfachärztliche Versorgung (BV ASV) war begeistert: "Die ASV ist großartig, da dieses Kollektiv-Vertragssystem bundesweit wirksam ist."

Kliniken ziehen nicht mit

Muntes Begeisterung ist mittlerweile jedoch gedämpft. Schließlich zeige sich in der Praxis, dass viele Kliniken an der alten Regelung festhalten und die ASV erst gar nicht beantragt haben. "In Bayern und Baden-Württemberg gibt es kaum Genehmigungen", sagte Munte jüngst bei einer Tagung in Berlin.

Zudem sieht der aktuelle Referentenentwurf zum Versorgungsstärkungsgesetzes (GKV-VG) vor, dass Krankenhäuser, die noch eine Genehmigung nach der alten Fassung des Paragraphen 116b haben, dafür einen Bestandsschutz auf unbestimmte Zeit haben sollen.

"Die neue Regelung ist für viele Kliniken offensichtlich nicht attraktiv genug. Und jetzt mindert der aktuelle Gesetzentwurf den Druck, sich der Neuregelung anzuschließen und mit den niedergelassenen Ärzten zu kooperieren", ärgerte sich Munte.

Aus seiner Sicht gibt es neben dem aktuellen Gesetzentwurf noch weitere Gründe, warum die Umsetzung nur schleppend vorangeht: "Die Vertreter der Krankenkassen, Kliniken und Ärzteschaft blockieren sich in den Gremien gegenseitig. Keiner von ihnen ist bemüht, die ASV zügig umzusetzen", sagte er.

Mit der Tuberkulose und den atypischen Mykobakteriose sowie den gastrointestinalen Tumoren sind bislang nur zwei Erkrankungen für die ASV definiert worden. Weitere Indikationen - das Marfan-Sydrom und die gynäkologischen Tumoren - sollen erst Ende 2015 folgen.

"Die Konkretisierung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss ist mangelhaft", kritisierte Munte. Als Beispiel verweist er auf die darin enthaltene Entfernungsregelung, die die Bildung von Schwerpunktzentren stärke und zugleich die Versorgung in der Fläche verhindere.

Chance für Pädiatrie

Dr. Andreas Köhler, ehemaliger KBV-Chef, sprach sich im Namen des Spitzenverbandes der Fachärzte Deutschlands ebenfalls für die ASV aus: "Die Behandlung von seltenen Erkrankungen muss innerhalb kollektivvertraglicher Strukturen geregelt sein und darf nicht zum Gegenstand eines Wettbewerb werden", betonte er.

Gleichwohl seien die geringen Fallzahlen für niedergelassene Praxen schwierig. Selbst die Tuberkulose, die mit 140.000 Fällen im Jahr 2013, eine häufige seltene Erkrankung sei, rechtfertige aus wirtschaftlicher Sicht kaum, dass Praxen bestimmte Leistungen vorhalten sollten.

Ganz anders aber sieht es in der Kinder- und Jugendmedizin aus: Etwa 80 Prozent der Diagnosen lassen sich hier unter den seltenen Erkrankungen fassen. Lars Pape, Pädiatrie-Professor an der Medizinischen Hochschule Hannover, sieht in der ASV die Chance, die Versorgung zu verbessern.

Große Lücken tun sich aus seiner Sicht dann auf, wenn chronisch-kranke Jugendliche in die Erwachsenenmedizin übergehen. Vorbildhaft sei das Berliner Transitionsprogramm, das auch Case-Manager bezahle.

"Die GKV sieht jedoch keine Leistungen für die Transition vor. Die Versorgung im Rahmen der ASV ist da eine gute Lösung", sagte Pape. (wer)

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