Kommentar
Knapp vor dem Abgrund
Nein, über Rücktritt habe er nicht nachgedacht, antwortete Philipp Rösler am Freitag auf die Frage nach seiner Schlappe, die er mit der Gesundheitsprämie erlitten hatte. Es wäre verantwortungslos, jetzt wegzulaufen, argumentierte der Gesundheitsminister. Recht hat er. Verantwortungslos ist aber auch der Stil der Auseinandersetzungen innerhalb der Koalition.
Fakt ist: Diejenigen, die gedacht haben, die Bundesregierung werde nach den Wahlen in Nordrhein-Westfalen die Katze aus dem Sack lassen, stellen jetzt fest: Der Sack ist leer. Halbgare Konzepte werden im Wochenrhythmus präsentiert, um nach 48 Stunden wieder beerdigt zu werden. Das liegt nicht nur an den Konzepten, das liegt vor allem an dem destruktiven Poltern aus München. Dort hat es die CSU immer noch nicht verkraftet, dass die Ressortzuständigkeit für die Gesundheit bei der FDP liegt. Empörend sei das Verhalten der CSU, beklagt sich ein Gesundheitsminister, dem sein freundlichen Lachen langsam zu vergehen scheint.
Und jetzt, wo sich die Erkenntnis durchsetzt, dass die gesundheitspolitischen Experten von Union und FDP ein gemeinsames GKV-Rettungspaket schnüren sollen, wäre auch die CSU in der Pflicht. Doch deren Parteichef stiehlt sich einmal mehr aus der Verantwortung, in dem er den Minister im "Spiegel" auffordert, Sparvorschläge zu unterbreiten.
Warum sich eine Kanzlerin bei so viel Feuer unter dem Dach so zögerlich verhält, bleibt ihr Geheimnis. Sehenden Auges lässt sie die Demontage dieser Koalition zu. Der anfängliche Fehlstart der Koalition ist ein Dauerzustand.
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Die Reaktionen: Bündnis 90 / Die Grünen: "Rösler zurück auf Los!" Linkspartei: Rösler gescheitert und verheizt Ersatzkassen: Nullrunde für Ärzte und Kliniken AWO: Keine neuen Lasten für die Bürger!
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