"Krankheiten machen nicht an Sektorengrenzen halt"

Der integrierten, kooperativen Versorgung gehört die Zukunft im Gesundheitswesen, so die Prognose von Professor Volker Amelung vom Bundesverband Managed Care.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:

BERLIN. Nach Ansicht von Professor Volker Amelung, Vorstandsvorsitzender beim Bundesverband Managed Care (BMC), verhält es sich mit dem deutschen Gesundheitswesen ein bisschen so wie mit dem Fußball: "Ein guter Einzelspieler macht noch keine erfolgreiche Mannschaft." Auf den Gesundheitssektor übertragen heißt das: Ein guter Hausarzt, ein profunder Facharzt, eine gute Klinik, eine innovative Kasse sind für sich genommen keine Gewähr für eine optimale Versorgung. "Entscheidend ist das Zusammenspiel über Berufsfelder und Sektorengrenzen hinweg."

Und da ließe sich im hiesigen Gesundheitssystem noch einiges besser machen. "An integrierten, kooperativen Versorgungsmodellen führt auf lange Sicht kein Weg vorbei", ist Experte Amelung überzeugt. Nur solche Ansätze würden neuen Herausforderungen wie etwa der Zunahme chronischer Erkrankungen gerecht. "Wir brauchen sektorübergreifende Versorgungsformen, da auch Krankheiten nicht mehr an Sektorengrenzen halt machen." Ein Beispiel: Diabetes mellitus. Betroffene Patienten haben es mit der Kasse, dem Haus- und Facharzt und häufig auch dem Krankenhaus zu tun. Funktioniert die Abstimmung der Beteiligten untereinander nicht, leidet die Qualität der Versorgung. Der Patient fühlt sich schlecht, der Arzt ist frustriert und die Kasse zahlt obendrauf.

Integrierte Versorgung (IV) wäre ein Ansatz, der zeigt, dass es anders geht. Mit der Beendigung der Anschubfinanzierung sei nicht das Todesurteil über entsprechende Verträge gesprochen worden, betont Amelung. "Das Wort impliziert ja, dass eine dauerhafte Finanzierung nie Absicht war." Überlebt von den rund 6000 IV-Verträgen hätten denn auch jene Verträge, die für die Beteiligten eine Win-win-Situation darstellten. "Von den gut zehn Prozent besonders erfolgreich laufenden IV-Verträge sollten wir lernen", empfiehlt Amelung.

Dasselbe gelte für die hausarztzentrierte Versorgung nach Paragraf 73 b SGB V. Auch hier müsse genau hingeschaut werden, wo welche Verträge eine Verbesserung der Patientenversorgung bewirkt hätten und wo noch Nachbesserungsbedarf bestehe. Leicht falle das den Deutschen aber offenbar nicht, meint Amelung. "Ich habe manchmal den Eindruck, bei uns muss alles auf Anhieb passen und funktionieren - wenn nicht, wird es sofort in Bausch und Bogen geredet." Strukturinnovationen bekomme man mit dieser Geisteshaltung nicht hinein ins Gesundheitssystem. "Wir müssen die Bereitschaft entwickeln, da wo nötig, nachzubessern."

Einen Impuls dazu wollen Amelung und sein Team beim BMC-Kongress "Versorgungsformen auf dem Prüfstand" geben, der am 31. Januar und 1. Februar 2011 in Berlin stattfindet. "Wir wollen für frischen Wind in der Gesundheitslandschaft sorgen, neue Versorgungsmodelle auf deren Kosten-Nutzen-Verhältnis hin analysieren und auch Erfahrungen aus dem Ausland mit einbeziehen", verspricht Amelung.

www.bmcev.de

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