Viele abgelehnte Erstanträge

Linke kritisieren Sparpolitik der Pflegekassen

Die Pflegekassen lehnen immer mehr Erstanträge ab, moniert die Linksfraktion. Die Kassen machen eine andere Rechnung auf.

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Bleiben zu viele Pflegebedürftige nach der Pflegebegutachtung ohne Pflegeleistungen? Die Linke meint Ja.

Bleiben zu viele Pflegebedürftige nach der Pflegebegutachtung ohne Pflegeleistungen? Die Linke meint Ja.

© Daniel Reinhardt/dpa

Berlin. Deutschlands Pflegekassen haben seit Jahren fast jeden sechsten Erstantrag auf Pflegeleistungen negativ beschieden.

Von knapp 1,2 Millionen Anträgen im Jahr 2019 wurden 16 Prozent nicht bewilligt, wie das Bundesgesundheitsministerium auf eine Anfrage der Linksfraktion mitteilt. 2018 bewegten sich die Zahl der Erstanträge mit knapp 1,23 Millionen und die Ablehnungsquote mit 15,2 Prozent in etwa auf gleichem Niveau.

Häufiger Widerspruch eingelegt

Zugleich legen Antragsteller immer öfter Widerspruch gegen die Negativbescheide ein. 2019 gab es gut 142.000 Widerspruchsgutachten, rund 50.000 mehr als 2011. Knapp 27 Prozent und damit etwa jedes vierte Widerspruchsgutachten war 2019 erfolgreich. 2018 gab es knapp 137.500 Widersprüche. Die Erfolgsquote lag bei 28,3 Prozent.

„Viel zu viele Pflegebedürftige bleiben nach der Pflegebegutachtung ohne Pflegeleistungen“, kommentierte die Sozialexpertin der Linksfraktion, Sabine Zimmermann, die Zahlen. Mit Bedarfsdeckung habe das nichts zu tun.

Die Kassen versuchten mit den „vielen Ablehnungen“ Kosten zu sparen, verursachten damit aber nur höhere Folgekosten, wenn aufgrund fehlender Pflegeleistungen aus leichten Pflegefällen schwere entstünden. Es könne nicht angehen, dass Versicherte jahrzehntelang in die Pflegekasse einzahlten und dann keine Leistungen erhielte, wenn sie pflegebedürftig würden. „Das degradiert die Versicherten zu Bittstellern und ist menschenunwürdig.“

Pflegebedürftigkeit wird umfassend betrachtet

Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen erklärte auf Anfrage der „Ärzte Zeitung“, im Zuge der Pflegebegutachtung werde die Pflegebedürftigkeit umfassend in allen Lebensbereichen betrachtet und daraus die Empfehlung für einen Pflegegrad abgeleitet.

In die Bewertung fließe auch ein, ob Beeinträchtigungen bei kommunikativen und kognitiven Fähigkeiten oder psychische Problemlagen vorlägen und wie der Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen zu bewerten sei.

Dadurch hätten deutlich mehr Pflegebedürftige Leistungen der Pflegeversicherung bezogen. Die Zahl sei von rund 2,96 Millionen im Jahr 2016 auf rund 3,87 Millionen im Jahr 2019 gestiegen. Die Ablehnungsquote der Begutachtung bei Erstantragstellern sei dagegen von 31auf 16,5 Prozent gesunken. (hom)

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