Tarifeinheit

Marburger Bund sucht die Konfrontation

MB-Chef Rudolf Henke geht auf Kollisionskurs zu Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Deren Vorstellungen von einem Tarifeinheitsgesetz schmecken dem Gewerkschaftsführer der angestellten Ärzte nicht. Auch Verfassungsrechtler hegen massive Zweifel.

Veröffentlicht:
„Wir tun alles, damit dieser Verfassungsbruch nicht Realität wird!“ MB-Chef Rudolf Henke, CDU-Bundestagsabgeordneter, legt sich mit der Regierung an.

„Wir tun alles, damit dieser Verfassungsbruch nicht Realität wird!“ MB-Chef Rudolf Henke, CDU-Bundestagsabgeordneter, legt sich mit der Regierung an.

© Marius Becker/dpa

BERLIN. Der Marburger Bund lehnt die Pläne der Regierung rundweg ab, in den Betrieben Tarifeinheit herzustellen.

"Wir betrachten den Entwurf des Tarifeinheitsgesetzes als klaren und unmissverständlichen Versuch, den Marburger Bund als Gewerkschaft auszuschalten", sagte MB-Chef Rudolf Henke am Donnerstag in Berlin. "Das Prinzip der Berufsgewerkschaft wird vernichtet", legte Henke nach.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat am 4. November den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Regelung der Tarifeinheit veröffentlicht. Damit soll das Tarifvertragsgesetz dahingehend geändert werden, dass in Betrieben nur noch der Tarifvertrag der jeweils mitgliederstärksten Einzelgewerkschaft gelten soll.

So sollen Tarifkollisionen vermieden werden. Solche Kollisionen bärgen eine Gefahr für die Tarifautonomie, heißt es in dem Gesetzentwurf, der der "Ärzte Zeitung" vorliegt.

Nähmen Arbeitnehmer in Schlüsselpositionen, gemeint sind Ärzte, Piloten und auch Lokführer, ihre Interessen gesondert wahr, schwäche dies die Position der Arbeitnehmer, die nicht in Schlüsselpositionen säßen, argumentieren die Autoren des Gesetzentwurfes.

Der Marburger Bund, der große Teile der ärztlichen Belegschaften in Krankenhäusern vertritt, sieht damit seinen Einfluss auf die Gestaltung der Arbeitsbedingungen der Ärzte und ihrer Gehälter in Gefahr.

Der oberste Gewerkschafter der Klinikärzte appellierte an die Solidarität aller Arbeitnehmervertreter im Land. "Ich fordere den DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann auf, zu sagen, dass kein Gewerkschafter einverstanden sein kann mit diesem Gesetzentwurf."

Einheit zwischen den Gewerkschaften herstellen

Auf dieser Linie steht auch der Vorsitzende der größten Einzelgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske. "Gewerkschafter können nicht die Hand reichen für einen solchen Eingriff ins Streikrecht", sagte Bsirske am Mittwoch.

Eine Tarifeinheit müsse zwischen den Gewerkschaften, nicht politisch hergestellt werden, riet der Verdi-Chef.

Henke, der als Mitglied der CDU-Fraktion im Bundestag selbst Teil der großen Koalition aus CDU und SPD ist, sieht die Regierungsspitze in der Pflicht: "Gerade Bundeskanzlerin Angela Merkel müsste erkennen, dass mit dem Entwurf von Andrea Nahles grundlegende Freiheitsrechte in Gefahr geraten."

Sollte "dieser Verfassungsbruch Realität werden", schließe er den Gang nach Karlsruhe nicht aus, kündigte Henke an. Zunächst müsse allerdings abgewartet werden, ob der Entwurf überhaupt in dieser Fassung in Kraft treten werde.

Der ehemalige Verfassungsrichter Professor Udo di Fabio hält den Entwurf für verfassungsrechtlich problematisch.

In einem Rechtsgutachten im Auftrag des Marburger Bundes führt Fabio aus, dass Eingriffe in die Koalitionsfreiheit nur bei nachweisbaren schweren und konkreten Gefahren für überragend wichtige Gemeinschaftsgüter gerechtfertigt seien.

Streiks von Spartengewerkschaften belegten gegenwärtig solche konkreten Gefahren nicht. Derzeit streikt die Gewerkschaft der Lokführer für das Recht, auch für die Zugbegleiter einen Tarifvertrag abzuschließen.

Die Deutsche Bahn lehnt die Forderung ab.Der Marburger Bund kommt am Wochenende in Berlin zu seiner 126. Hauptversammlung zusammen. (af)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Kommentar zur Tarifeinheit: Freiheit des Nervens

Ihr Newsletter zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Dr. med. Gerhard M. Sontheimer (ANregiomed, Region Ansbach) und Holger Baumann (Kliniken der Stadt Köln, v.l.) haben in der Praxis gute Erfahrungen mit Systempartnerschaften gemacht.

© Philips

Mehr Spielraum für moderne Prozesse in der Klinik

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Philips GmbH Market DACH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren

Lesetipps
Ein Hinweisschild mit Bundesadler vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

© Uli Deck/picture alliance/dpa

Update

Urteil

Bundesverfassungsgericht: Triage-Regelung nicht mit Grundgesetz vereinbar